Full Frontal USA 2002 – 112min.

Filmkritik

Scheinwerfer auf den Autor

Filmkritik: Andrea Bleuler

Regisseur Steven Soderbergh weiss massenattraktive Grossproduktionen ("Erin Brockovich", "Traffic" und "Ocean's Eleven") ebenso geschickt aufzuziehen wie ungefällige erzählerische Experimente. Ein beachtliches Staraufgebot - Julia Roberts, Catherine Keener und "X-Files"’ David Duchovny – ist für "Full Frontal" der Aufforderung gefolgt, Waghalsigkeit zu beweisen.

Coleman Hough’s Buch greift für fiktionales Kino absolut unattraktiv anmutende Geschichten auf: Ein Tag im Leben von diversen beängstigend normalen Menschen, der schlecht anfängt und ebenso endet - wäre da nicht die Tatsache, dass die Geschichten auf mehrere Realitätsebenen aufgesplittert sind, indem ein Film im Film im Film gedreht wird und so plötzlich eine magische Anziehungskraft entfalten:

Journalist Carl (David Hyde Pierce) versteht sich schlecht mit seinem Chef und seiner Frau Lee (einer sadistisch veranlagten Personalchefin, gespielt von Catherine Keener) und verliert an jenem Tag seine Stelle. Schauspieler Calvin (Blair Underwood) hat mit der mittelmässigen Schauspielerin Francesca (Julia Roberts), die ihr mangelndes Talent durch Starallüren zu überdecken versucht, einen Drehtag hinter sich zu bringen. Francesca spielt in einer Produktion von Gus (David Duchovny) mit dem Titel "Rendez-vous" die Journalistin Catherine, die den Serienheld Nicolas, der gerade seine ersten Erfolge in Hollywood verbuchen konnte, porträtieren soll. Alle am Film Beteiligten inklusive Carl und Lee treffen sich am Abend zum vierzigsten Geburtstag des Produzenten, eine Veranstaltung, die mit einer kleinen DV-Videokamera festgehalten wird.

In Zeiten, wo nahezu alles möglich ist, liegt die Herausforderung - wie auch in den dänischen Dogma Filmproduktionen - in selbst auferlegter Einschränkung. So wurden die Akteure in dieser Lowbudget-Produktion nicht etwa fürstlich umsorgt, sondern waren für Kostüm, Make-up und Essen selbst verantwortlich.

Was die Schauspieler aus so viel neu errungener Narrenfreiheit gemacht haben, ist an sich weder überwältigend noch enttäuschend, doch keinesfalls ein Showcase für maximale Wandelbarkeit. Julia Roberts scheint willentlich wiederholt ein möglichst ungewinnendes Äusseres gewählt zu haben.

Es ist das Babuschka-artige Konstrukt, das Spiel mit den Erzählebenen, das fasziniert. Dabei reduziert Soderbergh seine Stars raffiniert auf ihre blosse Funktion als Darstellende und stellt die luxuriöse Frage nach dem "wie wird erzählt" ins Zentrum. Auch Inhalt wird dabei zur Nebensache. Oder genauer: Scherze für Filmgeprägte über das Showbusiness, die Filmszene und snobistische Lebenskultur bilden eine zusätzliche Metaebene im Labyrinth von Fiktion und Realität und lassen persönliche Dramen daneben schlussendlich nichtig erscheinen.

05.01.2021

3

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Kommentare

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mamama

vor 17 Jahren


beachwoman

vor 21 Jahren

echt grandios!!


Taz

vor 21 Jahren

Also, eines vorne weg. "Full Frontal" ist kein Film mit einer Story, Action oder Special-Effects. "Full Frontal" ist kleines, aber feines Schauspieler-Kino, das verschiedene Geschichten erzählt und man sollte schon bei der Sache sein, damit man die Anspielungen, die verschiedenen Geschichten und die Hintergründe (Cameos von bekannten Schauspielern wie Jonathan Pryce) verstehen kann.

Wie gesagt, eine eigentliche Story gibt es hier nicht. Es sind verschiedene Geschichten, die sich miteinander verknüpfen und Personen die sich schlussendlich an einem "finalen" Ort treffen.

Das meiste des Filmes wurde (wohl) mit einer Handkamera gedreht und die Qualität lässt auf eher auf ein "Experiment" (was der Film ja auch sein soll) schliessen.
Nur bei ein paar Szenen gibt es das "normale" Kinoformat. Was es mit diesen speziellen Szenen auf sich hat, wird einem erst nach einer Weile bewusst. (*hirn, hirn*)

Die Schauspieler, die in diesem Filmchen mitmachten, spielen sehr überzeugend. Am besten gefallen hat mit David Duchovny, der wieder einmal aus seiner "Mulder"-Rolle ausbrechen darf und sich speziellen Sex-Praktiken widmen kann... Leider war seine Rolle für meine Begriffe etwas klein.

Ebenfalls gefallen hat mir David Hyde Pierce, als arbeitsloser und (zwischenzeitlich) verlassener Produzent, der seinem Hund spezielle Brownies füttert... (*fly away*...)

Fazit:
Ein spezieller Film, für ein spezielles Publikum. Kein Mainstream. Kein Massenfilm, sondern 100 Minuten Einsicht in die verrückte Welt von Hollywood und der Filmindustrie.

Wer sich für dieses Thema sowieso interessiert, dem sei ein Besuch mal empfohlen. Alle anderen werden sich wahrscheinlich langweilen, denn die "interessanten" Szenen machen leider nur ca. 1/3 des Filmes aus.

Ich fand's interessant, wenn auch nicht befriedigend.Mehr anzeigen


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