Football under Cover Deutschland 2008 – 86min.

Filmkritik

Das Wunder von Teheran

Kyra Scheurer
Filmkritik: Kyra Scheurer

Eine Fußball-Mädchenmannschaft aus dem multikulturellen Berlin-Kreuzberg setzt sich in den Kopf, gegen die iranische Nationalmannschaft der Frauen zu anzutreten, die noch nie öffentlich spielen durfte.

Unmöglich, hören sie von allen Seiten. Doch die Mädchen bleiben in jeder Beziehung am Ball und verfolgen ihr Ziel auf humorvolle und unverkrampfte Weise. Jeweils zwei Spielerinnen pro Team werden näher porträtiert, in der so entstandenen Nähe zu den Protagonistinnen wird unaufdringlich deutlich, was die interkulturelle Begegnung auslöst: Susu etwa, im Kreuzberger Tor ein As und selbst Muslima, fürchtet sich vor dem Kopftuchzwang im Iran und dem Spiel in lückenlos bedeckender, weiter Kleidung.

Die risikofreudige Niloofar aus Teheran nimmt genau dieses Kopftuch vor der Kamera ab und schildert eindrucksvoll, wie sie sich als Junge verkleidet, um öffentlich mit dem Ball unterwegs sein zu können. Und welche Risiken das bedeutet in einem Land, in dem allgegenwärtige Sittenwächterinnen an der Uni die Studentinnen ermahnen, den Mantel höher zu schließen und auch die letzte Strähne unter den Schleier zu verpacken - während die Jungs in T-Shirt und «Frisuren, als ob sie in die Steckdose gefasst haben» kommen dürfen.

Der Weg, bis die Kreuzberger Kickerinnen das Flugzeug nach Teheran besteigen können, ist voller Unwägbarkeiten und Hürden: Die iranische Bürokratie trägt kafkaeske Züge. Der Höhepunkt aber ist das Match, bei dem 1500 fußballbegeisterte Frauen den Spielerinnen beider Länder zujubeln und das Freundschaftsspiel zur politischen Manifestation werden lassen.

Zu Recht konzentriert sich das Filmteam hier auf die Ränge, nicht das Spielfeld: Hier werden trotz immer dringlicheren Appellen der Sittenwächterinnen Kopftücher provokant weit nach hinten geschoben, leistet man sich schon einmal höhnische Bemerkungen und demonstriert auf sehr vitale Weise für Freiheit und Gleichberechtigung. Das Spiel endet mit einem diplomatischen Unentschieden - und eine diplomatische Meisterleistung ist auch der Film, ohne dessen begleitende mediale Präsenz wahrscheinlich das Spiel gar nicht hätte realisiert werden können.

Die Idee stammt von der Kreuzberger Spielerin und Filmstudentin Marlene Assmann, die den iranischen Co-Regisseur Ayat Najafi auf dem Berlinale Talent Campus kennen lernte. Den anderen Regiepart übernahm dann Bruder David Assmann und auch der Rest der Assmann-Geschwister war in verschiedenen Funktionen vor und hinter der Kamera involviert. Ein richtiges Guerilla-Projekt, dem man gar nicht genug Aufmerksamkeit wünschen kann. Denn dieser Film ist sehr viel mehr, als die Dokumentation einer Fußballbegegnung: Er begegnet seinem ungewohnt politischen Sujet mit spielerischer Leichtigkeit und menschlicher Ernsthaftigkeit gleichermaßen und entlässt seine Zuschauer hoffnungsvoll, um Erkenntnisse und neue Fragen bereichert.

25.04.2008

4

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