Krabat Deutschland 2008 – 127min.

Filmkritik

Freiheit oder Zauberkünste?

Andrea Lüthi
Filmkritik: Andrea Lüthi

Marco Kreuzpaintner hat Otfried Preusslers mehrfach preisgekrönten Jugendroman von 1971 verfilmt - pompös und technisch ausgefeilt.

In einer klirrend kalten Nacht zwischen Neujahr und Dreikönigstag fordert eine Stimme den Waisen Krabat auf, nach Schwarzkollm zu kommen. In der verrufenen Mühle erwartet ihn bereits der Meister: "Was soll ich dich lehren? Das Müllern - oder alles andere auch?" fragt er. "Das andere auch", antwortet Krabat. Damit ist sein Schicksal besiegelt. Mit elf anderen Gesellen erlernt er die schwarzen Zauberkünste; sich in einen Raben zu verwandeln oder aus seinem Körper herauszutreten. Und immer bei Neumond taucht der "Gevatter" in einer schwarzen Kutsche auf; dann werden Knochen anstatt Getreide gemahlen.

Die Osternacht schließlich wird zum Drehpunkt: Von einem Hügel über dem Dorf lauscht Krabat Kantorkas Gesang. Das Mädchen geht ihm nicht mehr aus dem Kopf - doch darf der Meister keinesfalls davon erfahren, sonst schweben Krabat und Kantorka in Lebensgefahr. Zwar kann Krabat auf die Hilfe des Obergesellen Tonda zählen; aber wem von den Gesellen kann er sonst trauen? Jeder von ihnen bangt ums eigene Leben, denn immer in der Silvesternacht kommt einer von ihnen grausam zu Tode. Es gibt einen Ausweg, aber Krabat muss sich entscheiden: Liebe und Freiheit oder Zauberkraft.

Marco Kreuzpaintners Film ist technisch hochprofessionell ausgearbeitet; der Regisseur spielt mit Licht und Schatten, spektakulären Kamerafahrten und Special effects. Eine unheimliche Atmosphäre bringt er so zweifellos zustande, doch mag diese durchgestylte Machart so gar nicht zum schlichten Ton des Romans passen. Unterschwellig Unheimliches etwa sucht man vergebens, und vor allem fehlen die stillen Momente, die zur Spannungssteigerung beitragen könnten. Stets sind die Szenen unterlegt mit Orchestermusik, unheilvollen Klängen und Geräuschen oder dramatischem Chorgesang. So fällt die Szene mit dem Gevatter reichlich laut aus, zeichnet sich im Roman aber gerade durch die gespenstische Stille aus, in der man nur das Atmen der arbeitenden Gesellen hört. Und in der Osternacht versinkt die Magie des Augenblicks in der gewaltigen Musik und dem Chorgesang, aus dem Kantorka kaum herauszuhören ist.

Bei der Wahl der Schauspieler aber bewies Kreuzpainter eine gute Hand - besonders Daniel Brühl als besonnener Tonda sticht hervor, und Robert Stadlober als Geselle Lyschko mit verschlagenem Blick.

Literaturverfilmungen sind generell ein undankbares Genre, handelt es sich doch immer um eine Interpretation, und es ist unmöglich, der Phantasie der Leser gerecht zu werden. Insgesamt mag der Film deshalb die Krabat-Leser kaum zufrieden stellen. Für Spannung, Unterhaltung und Emotionen sorgt der Film aber unabhängig von der Romanvorlage. So wird die filmische Krabat-Geschichte sicher andere, neue Anhänger finden.

06.11.2008

3

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Kommentare

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lia123

vor 15 Jahren

Gut inszeniert, mit SchauspielerInnen, die fabelhaft sind und Raben, mit denen gekonnt gearbeitet wurde. Sie fliegen darum ohne Trick dorthin, wo sie sollen... Sogar dem Autor soll der Film gefallen, sehenswert.


caminovie

vor 15 Jahren

Dieser Film ist spannend und tiefsinnig zugleich. Packend bis zur letzten Minute. Eines der besten Filme des Jahres: Schauspielleistung, Machart, Inhalt.


tuvock

vor 15 Jahren

Einer der Gesellen, Juro, vertraut Krabat schließlich an, dass es einen Weg gibt, den Meister zu besiegen: Das Mädchen, das ihn liebt, muss ihn beim Meister frei bitten. Die anschließende Probe entscheidet darüber, wer sterben muss: Der Meister oder die Liebenden. Gewinnen die Liebenden, sind auch alle anderen Gesellen vom Fluch der Schwarzen Mühle befreit. Mit dem Ende des Fluchs verlieren sie jedoch ihre magischen Fähigkeiten und sind nur noch gewöhnliche Müllerburschen.

Der Meister eröffnet Krabat schließlich eine weitere Alternative: Krabat kann die Nachfolge des Meisters antreten, jedoch muss er dann den Kontrakt mit dem „Herrn Gevatter“ übernehmen und einen der anderen Gesellen an seiner Statt opfern, in diesem und in den folgenden Jahren. Krabat lehnt dieses Angebot jedoch mit Entschiedenheit ab: Er will sich nicht schuldig oder mitschuldig machen am Tode eines Mitgesellen. So wählt er zusammen mit seinem Mädchen den Weg der Liebe. Das Mädchen bittet beim Meister um Krabats Freiheit und der Meister stellt sie auf die Probe: Die Kantorka muss mit verbundenen Augen Krabat unter seinen elf Mitgesellen herausfinden. In dieser scheinbar hoffungslosen Situation bekommt er Angst um seine Geliebte: Er fühlt sich schuldig, dass sie sterben muss. Doch die Kantorka spürt, dass Krabat Angst um ihr Leben – und nicht um sein eigenes – hat, erkennt ihn daran und besteht die Probe. Krabat und die anderen Mitgesellen sind frei. Der Meister stirbt in der Silvesternacht und die Mühle geht in Flammen auf – die Liebe hat das Böse überwunden.

Otfried Preußler schrieb – mit Unterbrechungen – zehn Jahre an Krabat. Als Vorlage diente ihm die sorbische Volkssage von Krabat, die Ende des 17. Jahrhunderts nahe dem Ort Schwarzkollm in der Oberlausitz zwischen Hoyerswerda (Wojerecy) und Kamenz (Kamjenc) spielt. Die Geschichte des Lehrlings, der sich gegen seinen Meister behaupten muss und ihn zum Kampf herausfordert, findet sich auch in vielen anderen Sagen, ebenso wie das Motiv der Erlösung durch die Liebe.

Nein ich vermache dem Film meine 90 von 100 Punkten.Mehr anzeigen


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