Sommer in Orange Deutschland 2011 – 110min.
Filmkritik
Baghwan in Bayern
Eine Berliner Baghwan-Kommune zieht 1980 nach Talbichl. Die eingesessenen Dörfler sind hell entsetzt, und die beiden Kinder aus der Kommune stehen in Marcus Rosenmüllers Heimatfilm bald zwischen den Fronten.
Sie tragen so seltsame Namen wie Prakash, Amrita, Chandra oder gar Siddharta. Allerdings hiessen sie nicht immer so, sondern sie waren einmal ganz gewöhnliche mitteleuropäische junge Erwachsene gewesen, die im Gefolge der Nach-68er-Sektiererei irgendwann auf die spirituelle Sinnsuche kamen. Das immense kommerzielle Potential, das in diesen Sehnsüchten schlummerte, hatte ein cleverer indischer Philosophiedozent namens Rajneesh Chandra Mohan Anfang der 1970er erkannt. Er nannte sich ab 1971 "Baghwan", der Erleuchtete, scharte Anhänger um sich und gründete 1974 im Ort Poona eine erste Kommune, die bald einmal Furore machte. Dies weniger wegen ihrer Meditationspraktiken, sondern mehr wegen ihrer offen propagierten sexuellen Freizügigkeit.
Die weitere Geschichte ist bekannt, wie eine Landplage entstanden ab den späten 1970er Jahren an vielen Orten in Europa und den USA Kommunen, die sich den Baghwan-Ideen verschrieben. Ihre Mitglieder kleideten sich einheitlich in orange Gewänder, trugen ein Holzkettchen mit dem Medaillon des Meisters, ernährten sich streng vegan und praktizierten die freie Liebe. So auch Prakash, Chandra, Siddharta und Amrita. Letztere ist eine reizende Blondine (gespielt von Petra Schmidt-Schaller), sie hat zwei reizende Kinder, die elfjährige Lili und den einige Jahr jüngeren Fabian, und als diese am neuen Wohnort im oberbayrischen Talbichl die Dorfschule besuchen, sind die Konflikte vorprogrammiert. Hier, wo selbstverständlich das Kruzifix an der Wand hängt, vor dem Unterricht das Schulgebet gesprochen und die Kinder von den Eltern hören, dass die Baghwan-Anhänger Satanisten seien, möchten Lili und Fabian nichts anderes als akzeptiert werden und ganz normale Primarschüler sein.
Drehbuchautorin Ursula Gruber und ihr Bruder, der Produzent Georg Gruber, sind als Kinder in den 1970er und 1980er Jahren selber in einer Baghwan-Kommune aufgewachsen, sie kennen den Irrsinn also auch aus eigener Anschauung. Regisseur Marcus Rosenmüller hat sich seit seinem Debüterfolg mit Wer früher stirbt ist länger tot als Schöpfer von etwas anderen bayrischen Heimatkomödien eine Namen gemacht. Dieser Hintergrund gibt diesem sympathischen Culture-Clash-Schwank, der seine besten Momente weniger im Aufeinanderprallen zwischen Kommunarden und Dörflern, sondern mehr in den Slapstick-artigen Szenen von Krächen in der Kommune findet, so einige Authentizität. Dies ist eine Qualität, die Sommer in Orange über das Mittelmass manch anderer neuer deutscher Komödie hinaushebt.
Dein Film-Rating
Kommentare
Nette Komödie, besonders die Szenen mit Lili und den Bayern traffen meinen Humor. Die in der Cinman Filmkritik gelobten (Slapstick-) Einlagen des Kommunenlebens langweilten allerdings bloss und hätte man weglassen können.
Solider Film, doch wer eine geniale Komödie wie "Wer früher stirbt ist länger tot" vom gleichen Regisseur erwartet wird enttäuscht.… Mehr anzeigen
Diese Komödie gehört zum Besten, was deutsche Filmemacher in den vergangenen Jahren produziert haben. Ein warmherziger, witziger und manchmal melancholischer Film, der getragen wird von der ausgezeichneten Jungdarstellerin, die bei den Baghwan-Jüngern aufwachsen 'darf'. Volltreffer!
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