Gefährten USA 2011 – 143min.

Filmkritik

Im Galopp zwischen den Fronten

Andrea Lüthi
Filmkritik: Andrea Lüthi

Steven Spielbergs oscarnominiertes Kriegsmelodrama War Horse erzählt von der Freundschaft zwischen einem aussergewöhnlichen Pferd und einem Jungen. Das ist ästhetisch, aber auch kitschig.

Joey ist der Traum eines jeden pferdeverrückten Kindes. Ohne je auf einem Pferd gesessen zu haben, galoppiert ein kleines Mädchen sogleich auf dem temperamentvollen Braunen über Wiesen und Hügel. Spricht man wortreich und beschwörend auf Joey ein, lernt er in wenigen Minuten, auf einen Pfiff herzukommen. So wenigstens gelingt das dem britischen Bauernjungen Albert (Jeremy Irvine). Er muss das junge Pferd innerhalb eines Monats einreiten und mit ihm einen steinharten Acker pflügen, damit der trinkende Vater die Pacht nicht verliert.

Bald darauf bricht der Erste Weltkrieg aus; Albert und Joey werden getrennt. Für Joey beginnt als Offiziers-, dann als Kanonenzugpferd eine erschöpfende Odyssee zwischen den Fronten. Einmal verwickelt er sich vollkommen in Stacheldrähte, die er in Panik durchbrach; ein schmerzhafter, erschütternder Anblick. Nach seiner Befreiung aber - zugleich ein Moment der Versöhnung zwischen den feindlichen Lagern - steht Joey auf, nahezu unversehrt. Steven Spielberg mutet den Zuschauern die Kriegsgreuel nicht schonungslos zu. Zwischen den Aufnahmen in schmutzig-düsterem Grau-Blau gönnt er ihnen und Joey eine Verschnaufpause in einer Landidylle, wo ein kleines Mädchen in warmem Licht mit ihm spielt, der Grossvater Marmelade kocht und bedeutungsschwer über den Krieg spricht.

Anders als in der Jugendromanvorlage von Michael Morpurgo, die nur Joeys Perspektive berücksichtigt, gibt es im Film einen zweiten Erzählstrang, der von Alberts Erlebnissen berichtet: Mittlerweile alt genug, zieht auch er in den Krieg und hofft, dort seinen Freund wiederzufinden. Das kann auch mal pathetisch werden, dank Aufnahmen eines Sonnenuntergangs im Stil von Gone with the Wind. Kitschig ist aber vor allem das Verhalten der ununterbrochen wiehernden Pferde. Joey findet unter den Kriegspferden einen Freund, und wie der fast zusammenbricht, als er eine Kanone ziehen soll, prescht Joey heldenhaft vor und stellt sich selber vor die Kanone. Hier wie in den spektakulären Szenen ist die Leistung der vierbeinigen Schauspieler enorm, aber es wirkt nachgerade absurd, wenn Joey mit dem Pflug einen riesigen Stein spaltet oder über einen Panzer galoppiert.

Wer sich nicht daran stört, wenn Gefühle penetrant gelenkt werden, kann sich von War Horse durchaus zu Tränen rühren lassen. Denn eins muss man Spielberg lassen: sein melodramatisches Geschick. Das Erfreulichste an dem Film ist seine Ästhetik; die atemberaubenden Lichtstimmungen, etwa wenn Soldaten und Pferde im Kornfeld stehen und die Luft vor Spannung bebt, die einfallsreichen Perspektiven und Kompositionen oder wie die Kamera die Bewegungen der Pferde einfängt.

18.02.2024

2

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Kommentare

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riexx75

vor 10 Jahren

krass


oscon

vor 10 Jahren

Geschichte um ein Pferd, das im Ersten Weltkrieg aufgrund Geldnot an die britische Kavallerie verkauft und von seinem jungen Besitzer in den Kriegswirren gesucht wird.
Vielleicht etwas (zu) kitschig geraten, jedoch mit einer Spielberg-typischen Inszenierung episch angelegt und einer herausragenden Bildsprache in Technicolor-artigen Farben. (3 Sterne ***)Mehr anzeigen


gefuehlsmensch

vor 10 Jahren

gut gedreht.


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