Loving Grossbritannien, USA 2016 – 123min.

Filmkritik

Loving

Patrick Heidmann
Filmkritik: Patrick Heidmann

Diversität wird in Hollywood längst noch nicht so groß geschrieben wie es angebracht wäre. Doch blickt man allein auf die Filme, die aktuell auf der Liste der Oscar-Nominierungen stehen, lässt sich zumindest in Sachen afroamerikanischer Protagonisten und ihrer Geschichten eine gewisse Vielfalt erkennen. Wobei einer der schönsten Filme dabei lediglich in einer Kategorie zum Zuge kam: Jeff Nichols' Drama Loving, das seine Weltpremiere 2016 beim Filmfestival in Cannes gefeiert hatte.

Ähnlich wie in Hidden Figures wird auch hier eine wahre Geschichte erzählt, bei der man staunt, dass es sie nicht längst auf der Leinwand zu sehen gab (von einem Dokumentarfilm abgesehen). Und letztlich auch, dass sie kaum mehr als 50 Jahre zurückliegt. Ende der 1950er nämlich war es im US-Bundesstaat (und etlichen weiteren Südstaaten) noch immer nicht erlaubt, dass Schwarze und Weiße sich das Ja-Wort geben. Deswegen heiraten Richard und Mildred Loving (gespielt von Joel Edgerton und Ruth Negga) kurz vor der Geburt ihres ersten Kindes heimlich in Washington D.C. Zurück zuhause kommen die beiden dort tatsächlich ins Gefängnis – und beschließen nach ihrer Entlassung, ihre Familien, Freunde und das eigene Zuhause zurückzulassen. Wirklich glücklich werden sie im Norden allerdings nicht. Mit dem Aufkommen der Bürgerrechtsbewegung beginnen sich jedoch Juristen und Aktivisten für die Geschichte der Lovings zu interessieren, auch wenn die beiden zurückgezogenen, stillen Betroffenen eigentlich alles, nur kein Aufheben machen wollen. Und so landet der Fall "Loving vs. Virginia" schließlich in den Medien (hier kommt Nichols' Stamm-Schauspieler Michael Shannon zu seinem kurzen, aber eindrücklichen Auftritt) – und vor dem Supreme Court. Das Urteil beendete 1967 ein für allemal das Verbot so genannter "gemischtrassiger" Ehen in den USA.

Wer vertraut ist mit Take Shelter, Midnight Shelter oder anderen Filmen von Jeff Nichols, der ahnt dass der Regisseur auch in diesem Fall ganz eigene Wege geht statt Erwartungen zu erfüllen. Obwohl es der Stoff hergegeben hätte, ist Loving deswegen nun weder ein packendes Justizdrama noch eine dick aufgetragene Liebesgeschichte. Stattdessen hält Nichols seinen Film bewusst klein und erzählt ganz zurückgenommen, subtil und mit dem Mut zu Auslassungen. Das ist zunächst fast irritierend, so lange braucht man, um den beiden zurückhaltenden Protagonisten wirklich nahe zu kommen. Doch je mehr man sich auf die Geschichte einlässt, desto eindringlicher entfaltet sie ihre emotionale Wirkung. Die beiden Hauptdarsteller tragen überzeugend das Ihre dazu bei, allen voran die wunderbare Britin Ruth Negga, die man bislang bestenfalls aus TV-Rollen kennt. Sie ist es dann auch, die beim Oscar ins Rennen geht.

16.04.2024

4

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Kommentare

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as1960

vor 7 Jahren

Ende der 50er Jahre waren Mischehen in verschiedenen Staaten der USA nicht erlaubt. "Loving" erzählt die wahre Geschichte des gleichnamigen Ehepaars. Häufig wird die nüchterne Erzählweise des Films gelobt. Weder ein Gerichts- noch ein Liebesdrama erwartet den Kinogänger. Ich selber habe den Film als etwas blutleer empfunden. Einzig die glänzende Vorstellung von Joel Edgerton in der Rolle des wortkargen Arbeiters, welcher seine Emotionen nur durch Blicke und feinster Mimik audrückt, konnte mich überzeugen. Wichtiges Filmthema, aber leider kraftlos umgesetzt.Mehr anzeigen


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