CH.FILM

The Song of Mary Blane Schweiz 2019 – 85min.

Filmkritik

Ein politischer Künstler

Björn Schneider
Filmkritik: Björn Schneider

The Song of Mary Blane rückt den Kunstmaler Frank Buchser ins Zentrum, dessen Bilder immer auch politische Botschaften und Sozialkritik vermittelten. Vor allem sein Hauptwerk «Mary-Blane», das während eines Aufenthaltes in den USA entstand.

1866 wird Buchser in die Vereinigten Staaten geschickt, um das Gemälde „Helden des Bürgerkriegs“ zu realisieren und die grossen US-Generäle zu porträtieren. Einige Jahre zuvor hält er sich in Andalusien und Marokko auf. Dort gelingt es ihm, als türkischer Scheich verkleidet, in die für Christen verbotene Stadt Fez zu reisen. Von diesen und anderen Abenteuern erzählt die Dokumentation.

Vielen unterschiedlichen Themen und filmischen Gattungen widmete sich der aus Olten stammende Regisseur Bruno Moll bislang. Seit den späten 70er-Jahren arbeitet er als freier Autor und Regisseur, davor war er als Fotojournalist und Kameraassistent tätig. Einen grossen Erfolg erzielte er 2010 mit seiner Doku Pizza Bethlehem, die den Zürcher Filmpreis erhielt.

Moll bedient sich der Tagebucheintragungen Buchsers, um den Zuschauer an der Gedankenwelt und den subjektiven Eindrücken des Künstlers teilhaben zu lassen. Ein Ich-Erzähler führt den Betrachter durch den Film, der Buchser als reflektierten und genauen Beobachter seiner Zeit darstellt. Nachdem er die Generäle porträtierte, ist sein Interesse für das Politische geweckt: Er will mehr über die Indianer in den Reservaten und die erst vor kurzem befreiten Sklaven wissen.

Erst ganz am Ende des Films greift Moll das titelgebende Bild „Mary-Blane“ auf, durch das Buchser Rassenhass und Diskriminierung anklagt. Ein sinnvoll gewählter Zeitpunkt, da sich auf diese Weise der Kreis schliesst. Immerhin beginnt der Film mit Szenen der rassistisch motivierten Ausschreitungen im August 2017 in Charlottesville. Hier zeigt sich: Allzu viel hat sich seitdem scheinbar nicht verändert.

Gut ist, dass man durch die Tagebucheinträge recht klar Rückschlüsse auf den Charakter Buchsers ziehen kann. Ein seine Mutter bewundernder, teils selbstverliebter Zeitgenosse mit einer durchaus fragwürdigen Meinung über Frauen. Passend zu den Kommentaren blendet Moll Bilder des Malers ein, die den Inhalt des Gesagten entsprechend visualisieren. Allerdings sorgt die in eloquenter Bildungssprache gehaltene Ich-Kommentierung mit zunehmender Laufzeit dafür, dass sich der Film immer mehr wie ein trockener, akademischer Vortrag anfühlt. Eine Uni-Vorlesung, bei der sich der Professor allzu oft umständlicher, verworrener Sätze bedient („Der Präsident verweist auf das Prinzip der Nicht-Einmischung der USA in europäischen Konflikten“). Dies strengt auf Dauer sehr an und wirkt arg hölzern. Dazu trägt auch der starr chronologische Aufbau des Films bei.

13.09.2019

2.5

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Kommentare

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Mini

vor 5 Jahren

Interessante Art einen, mir bisher unbekannten, Künstler und seine Bilder kennenzulernen. Wunderbare Filmführung, starke Aufnahmen und Bilder in faszinierender Farbenpracht.


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