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Rassist als Volksheld?
Was haben sich die Amerikaner dabei gedacht? Im neusten vor Pathos triefenden Selbstverherrlichungsstreifen «The Patriot» spielt Mel Gibson den aufrechten Helden, der sich gegen die Unterdrückung durch die bösen Engländer wehrt. Das historische Vorbild zu Gibsons Figur scheint aber wenig heldenhaft zu sein.
Francis Marion hiess der Kämpfer für die Unabhängigkeit Amerikas in den Wirren der Revolution, den Gibson verkörpert. Eine neue Identifikationsfigur für das kollektive Selbstbewusstsein der Amerikaner, das ständig nach Selbstbestätigung schreit? Ein britischer Historiker und Experte für den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg hat am Lack der Figur gekratzt. Seiner Aussage zufolge war Marion, genannt der Sumpf-Fuchs, ein Rassist und Mörder. Er jagte als Sport nicht etwa Moorhühner, wie sein Übername nahelegen könnte, sondern Cherokee Indianer und vergewaltigte regelmässig seine Sklavinnen.
Sony Pictures, welche «The Patriot» als faktenbasiertes Historiendrama aufziehen wollten, zeigten sich wenig erfreut über die wissenschaftlichen Neuigkeiten. Weil Amerika aber unbefleckte Helden braucht, gab man nicht etwa dem Film eine andere Richtung, sondern strich den Namen Francis Marion und ersetzte ihn durch den fiktiven Benjamin Martin. So einfach geht das. Nun kann Mel Gibson wieder ohne historische Vorbelastung unbeschwert auf die Engländer schiessen.