La isla mínima Spanien 2014 – 105min.

Filmkritik

Provinzhölle

Christopher  Diekhaus
Filmkritik: Christopher Diekhaus

Zwei gegensätzliche Kommissare, eine unwirtliche Landschaft, rituell wirkende Morde und surreale Anflüge – so mancher Kritiker fühlte sich beim Anblick von La isla mínima an die hochgelobte HBO-Serie True Detective erinnert, die allerdings erst nach dem Dreh des spanischen Kriminalthrillers ausgestrahlt wurde. Obwohl die Vergleiche nachvollziehbar sind, entfaltet Alberto Rodríguez' schwermütiger Serienkillerfilm eine ganz eigene Sogwirkung, die nicht zuletzt mit den immer wieder eingestreuten politischen Zwischentönen zusammenhängt.

Angesiedelt ist das Geschehen im Jahr 1980, mitten in der Zeit der spanischen Transición, der Übergangsphase vom Franquismus zur Demokratie, die König Juan Carlos I. maßgeblich vorantrieb: Die Polizeibeamten Pedro (Raúl Arévalo) und Juan (Javier Gutiérrez) werden in die Einöde des Guadalquivir-Deltas zwangsbeordert, wo sie einen mysteriösen Vermisstenfall bearbeiten sollen. Zwei Schwestern im Jugendalter sind wie vom Erdboden verschluckt, und vorerst scheint niemand, einschließlich ihrer Eltern, den Kommissaren wirklich helfen zu wollen. Als man jedoch die Leichen der beiden Mädchen entdeckt, kommt endlich Bewegung in die Ermittlungen. Mehr und mehr erhärtet sich der Verdacht, dass ein Serienmörder am Werk ist, der sich bevorzugt junge Frauen aussucht, die dem archaischen Landleben entfliehen wollen.

Hervorstechend ist der in Brauntöne getauchte Film vor allem aufgrund seiner unheilschwangeren, bedrückenden Atmosphäre, die den Handlungsort und die Protagonisten von Anfang an umgibt. Noch bevor Pedro und Juan ihr Ziel erreichen, macht ihr Wagen schlapp. Und einmal angekommen in Villafranco del Guadalquivir stoßen die Beamten auf Misstrauen und offene Ablehnung. Auch wenn der Tod des Diktators Franco schon einige Jahre zurückliegt, scheint die Zeit in der abgeschiedenen Region stehen geblieben zu sein. Machoallüren und alte Autoritätsstrukturen sind noch immer intakt, sodass die Kommissare bei ihren Nachforschungen nur mühevoll vorankommen.

Erschwert wird die Ermittlungsarbeit auch dadurch, dass sich die Polizisten argwöhnisch belauern, mehr als einmal getrennte Wege gehen und unterschiedliche Verhörmethoden anwenden. Während der Demokrat Pedro, dessen Frau in Kürze ein Kind erwartet, die Schrecken der Vergangenheit hinter sich lassen will, verkörpert Juan das brutale Einschüchterungssystem des Franquismus und scheut bei Befragungen keineswegs vor Gewaltausbrüchen zurück. Positiv ist allerdings, dass Rodríguez diesen Gegensatz mit der Zeit ein wenig auflöst, was dem düster-brodelnden Geschehen weitere Ambivalenz verleiht.

16.04.2024

4

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Kommentare

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Barbarum

vor 7 Jahren

Stimmungsvoll umgesetzter Thriller, allerdings empfand ich den Kriminalfall, bzw. die Arbeit der Ermittler als arg unzusammenhängend und die Auflösung dann recht beliebig.


tuvock

vor 8 Jahren

Ein spanischer Film, ganz selten dass so was ins Kino kommt ist eher ein Film für Liebhaber von guten Thrillern, keine berühmten Schauspieler, jedenfalls für mich nicht. Meine Freundin hat sich schon kurz abgewandt bei einigen Szenen so grauslich ist er aber nicht. Er ist eher hintergründig grauslich, was man so hör und vor allem eines, furchtbar spannend.

Bei uns heißt der Film Marschland, und dieses Wort bezeichnet man eine nacheiszeitlich entstandene geomorphologische Landform im Gebiet der nordwestdeutschen Küsten und Flüsse sowie vergleichbare Landformen weltweit, aber im Original heißt er La Isla Minima. Es geht um eine Recht komplexe Story oder eine Recht ungewöhnliche, nicht so ganz richtig aber ein bisschen halt. Im Marschland am Unterlauf des Guadalquivir, im Süden Spaniens, treibt ein Serienkiller sein Unwesen und bringt auf brutale Weise zwei Mädchen um. Die zwei aus Madrid stammenden Kriminalpolizisten PEDRO und JUAN werden damit beauftragt, diesen Fall gemeinsam zu untersuchen. Das Verhältnis der beiden Kriminalisten wird sehr bald auf die Probe gestellt, haben doch die beiden unterschiedliche Ideologien. Zusätzlich wird Juan von seiner Vergangenheit eingeholt, welche die Beziehung der beiden zusätzlich belastet. Nur ihre Berufung als Kriminalpolizisten treibt Pedro und Juan dazu an, ihre Differenzen zu überwinden und gemeinsam den Fall zu lösen.

Sicher hätte man einige Dinge wie damals die Späte Franco Ära anders darstellen können, das Umfeld der Leute sehen können wie sie in dem Dorf leben das ist ja ganz nett, aber dann hätte der Film unnötig lange gedauert und wäre auch unnötig politisch.

In Spanien hat der Film sogar den Goya gewonnen den spanischen Oscar für 2015. • Goya 2015: Bester Film, Beste Regie, Hauptdarsteller (Javier Gutiérrez), Bestes Originaldrehbuch, Kostüme, Schnitt, Filmmusik, Szenenbild, sechs weitere Nominierungen.

Die häufigsten Auszeichnungen hatte in Spanien der Film „Das Meer in mir“ mit 14 Goyas und die häufigsten Nominierungen mit 19 Stück der Film „Deine Zeit läuft ab“. Nun die haben halt andere Nominierungen und ich muß sagen der heutige Film hat mich schon mit gerissen. Schon alleine das Ganze Setting das Ruhige wie die Leute reagieren man weiß gar nicht wer was wie gemacht hat, das Ende das hat mich nicht so ganz begeistert weil ich jetzt nicht wusste war was wie war, und ja egal muss man sich ansehen oder ich habe nicht aufgepasst, aber so das Ganze rundherum ja super sehr spannend, auch wie die Menschlichkeit der Darsteller dargebracht wurde.

Die Idee das 2 Unterschiedliche Polizisten, ein Womanizer und Trinker und ein Ex Franco Mitarbeiter zusammen waren, das hat es schon gegeben nur ist das Buddy-Movie anders als in andere Filmen in Amerika, nicht so kitschig sondern realistisch eher. Der Plot ja der war ganz nett aber das rundherum ich fand es spannend, Ich fand den Film überhaupt sehr gut weil er gut gemacht ist, er hat eine gute Atmosphäre, so die 80 er Jahre, die Verzweiflung in der Stadt. Meiner Freundin hat der Film gut gefallen ich habe sie dann oft gefragt, was passiert wann wieso jetzt da sie einfach mehr aufpasst als ich, dafür habe ich nachher den Film viel besser bewertet als sie, sie mag nicht so grausliche oder Thriller Filme.

Auch die Idee dass sich in dem Dorf die Mädchen an eine Idee klammern endlich in die Stadt zu kommen, davon hätte ich mehr gesehen wäre sicher nicht übel für den Film gewesen und dann anfangs die schönen Bilder, die Flusslandschaft von oben zu zeigen die an Louisiana erinnert, einfach sehr gut gemacht muss ich sagen. Hie reagieren noch die Leute wie Polizisten wie Menschen und man hat gar nichts von Kitsch gesehen also ich meine, der Film ist nicht kitschig mit Handlungen und sonstigen Ideen.

Als damals in Spanien der Diktator FRANCO 1975 stirbt, sind 36 Jahre Diktatur vorüber, da hätte ich eben mehr gerne gehört, aber wie gesagt das war nicht das Thema des Filmes. Von der Stimmung her erinnert mich der Film ein bisschen an „Viva la Muerte“ aber der hier ist mir lieber gewesen und meiner Meinung nach einer der besten Thriller der letzten Jahre.

Ich vergebe mal Keck 92 Punkte von 100Mehr anzeigen


caravaggio

vor 9 Jahren

Genialer spanischer Neo-Noir-Triller!
Atmosphärisch dicht & authentisch webt sich die Handlung, und mit ihr die Protagonisten und der Betrachter, immer tiefer in den Sumpf des Verbrechens und der "psychologischen Landschaft" im nirgendwo Andalusiens Anfang der 80er Jahre.

Der mit 10 Goyas (spanische Oskars) ausgezeichnete Film von Alberto Rodriguez brilliert mit wunderschönen Bildern und dichter Story, mit Detailliebe & -reichtum, kaum übertreffbarer Authentizität, mit Unaufgeregtheit und stetig steigender Spannung.

Ein MUSS für jeden Cineasten!Mehr anzeigen


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