Meinen Hass bekommt ihr nicht Belgien, Frankreich, Deutschland 2022 – 102min.

Filmkritik

Ein Brief, der um die Welt ging

Théo Metais
Filmkritik: Théo Metais

Verfilmung der Erzählung von Antoine Leris, der nach den Anschlägen in Paris 2015 einen offenen Brief auf Facebook verfasste, der die Welt erschütterte.

Sieben Jahre sind vergangen, und in dieser Zeit hat die Welt mehr als einmal gezittert. Frankreich schloss im Juli letzten Jahres einen historischen Prozess über die Terroranschläge von 2015 ab, in dem alle Angeklagten für schuldig befunden und Salah Abdeslam zu einer unumstösslichen Haftstrafe verurteilt wurde. Der Schriftsteller Emmanuel Carrère hat gerade "V13" veröffentlicht, oder den Bericht seiner wöchentlichen Kolumnen, während er für die Zeitung "L'Obs" dem Prozess beiwohnte. Die Justiz hat ihr Urteil gefällt, das Trauma löst sich auf, die Sprache entfaltet sich auf andere Weise. Sieben Jahre, um die jüngste Geschichte auf Distanz zu bringen, sieben Jahre, um das Bett für eine Reflexion zu bauen. Und das Kino, um den Puls seiner Zeit zu fühlen, wenn nicht sogar zu atmen.

Der Zufall will es, dass 2022 bereits den Weg für zwei Filme über die Ereignisse von 2015 geebnet hat. «November» mit Jean Dujardin, der in die Anti-Terrorismus-Abteilung eintaucht und bei den letzten Filmfestspielen in Cannes vorgestellt wurde, und «Revoir Paris» mit Virginie Efira und Benoît Magimel, der die einzigartigen Geschichten einiger Überlebender erzählt. Pierre Deladonchamps, der beim letzten Filmfestival in Locarno auf der Piazza Grande vorgestellt wurde, verkörpert hier den dämmrigen Antoine, einen von Trauer zerrütteten Vater und Ehemann. Während die Familie seiner Partnerin sich um die Beerdigung kümmert, schenken ihm Eltern von Schülern Fertiggerichte für seinen Sohn, und er versifiziert seine Geschichte auf Fernsehbühnen: France 5, NBC News...

Der deutsche Filmemacher Kilian Riedhof hat einen zeitgenössischen Film gedreht, der von einem hingebungsvollen Pierre Deladonchamps getragen wird, der eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem echten Antoine Leris aufweist. «Meinen Hass bekommt ihr nicht», schreibt er in einem Facebook-Post, ein paar hoffnungsvolle Töne, die am Tag nach der Tragödie wie ein Mantra klingen werden. Antoine wird von einer Welle erfasst, die seinen Brief ausnutzt, um das Drama mit tröstenden Worten zu überziehen. Ein Brief, der zu einem Buch wird, auf dem der Spielfilm basiert. Der Film hat die Intelligenz, diese Ironie der Medien inmitten des Dramas der beiden von der Barbarei zerrissenen Eheleute, seiner Trauer und des jungen Sohnes, dem man die Wahrheit sagen muss, wiederzugeben.

Übersetzung aus dem Französischen von Théo Metais durch Zoë Bayer.

13.02.2023

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