Vergiss mein nicht USA 2004 – 108min.
Filmkritik
Nicht ohne mein Hirn
Drehbuchmagier Charlie Kaufman ("Being John Malkovich", "Adaptation") und Musikvideo-Hirsch Michel Gondry (Björk, Radiohead) haben zusammengespannt und ein Denkmal dafür gesetzt, was eine wahrhaftig romantische Komödie alles sein könnte. Die beiden Stars vom Dienst, Jim Carrey und Kate Winslet, hat diese verwegen phantasievolle Variante einer "Boy-meets-Girl-Schnulze" über sich hinauswachsen lassen.
Es sei vorweggenommen: Jim Carrey reisst hier keine Grimassen, sondern spielt ein nervig ängstliches Weichei von einem Mann. Doch schon mit der Eröffnungsszene holt er die ganze Menschheit ab und nimmt sie auf seinen Trip ins Reich der Liebe mit: An einem kalten Wintermorgen entschliesst sich Vorstädter Joel (Jim Carrey) auf der Subwayplattform, nicht nach Manhattan zur Arbeit zu fahren, sondern den Tag in Montauk, dem äussersten Ort auf Long Island, zu verbringen - wo er seine grosse Liebe trifft.
Autor Charlie Kaufman lässt zwei maximal gegensätzliche Charaktere aufeinanderprallen. Der impulsiven Clementine (Kate Winslet) gelingt es noch am gleichen Abend, in Joels Wohnung vorzustossen und Bekanntschaft mit der Kartoffelmännchen-Sammlung des depressiven Hobbymusikers zu machen. Und von da springt der Film direkt zum Moment, wo sich die beiden übelst zerstreiten und trennen.
Zahlreich sind die Filme in den letzten Jahren geworden, die sich mit Gedächtnisverlust beschäftigen. Aber die Wendungen in Kaufmans Drehbuch sind stets unvorhersehbar, spielerisch phantasievoll und im ganzen Chaos immer noch von einer Leidenschaft für das kleinste Detail geprägt.
"Eternal Sunshine of the Spotless Mind" geht den Konsequenzen nach, die eine Übertragung der Konsum-Mentalität auf Beziehungen mit sich bringt, und unterwandert die finanziell erfolgsträchtigste Formel des letzten Jahrzehnts, die romantische Komödie, nicht nur mit subversivem Humor, sondern mischt sie mit Science-Fiction-Elementen auf.
Clementine entschliesst sich, eine von Dr. Mierzwiaks (Tom Wilkinson) entwickelte Dienstleistung zu beanspruchen, um sich sämtliche Erinnerungen an Joel aus dem Hirn zu entfernen. Ihr Ex will dasselbe tun, bleibt aber, da von orgienfeiernden Gehilfen (ElijahWood, Mark Ruffalo, Kirsten Dunst) schlecht betreut, im Gehirnwaschprozess hängen.
Etwa zeitgleich droht auch der Film den Kontakt zu seinem Publikum zu verlieren. Doch da der Kern der oberflächlich spassigen Fantasie-Geschichte ernsthafter kaum sein könnte, ist ein Entwischen nicht möglich. Denn Kaufmans wilder Ritt durch Raum und Zeit erschliesst das Verhältnis zwischen Herz und Verstand auf eine revolutionäre Art.
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Kommentare
Gelöschter Nutzer
Verfasst vor 15 Jahren
Es ist ein Versuch, die Erinnerung in unserem Gedächtnis zunächst einmal sichtbar zu machen. Hier wirbeln unvollständige Bildfolgen und erlebte Situationen wild durcheinander. Mit Zeitsprüngen vor und zurück wird im Verlauf der Handlung die eigentliche Jetzt-Zeit verwischt und auch die guten Schauspieler (besonders Kate Winslet und Jim Carrey (ganz im Ernst) können nicht immer beim Einnorden behilflich sein. Die Grundidee ist recht interessant: Erinnerungen wie Daten auf einer Festplatte zu löschen. Mittels einer zweiten nur angedeuteten Beziehung wird den beiden Liebenden ein Neuanfang ermöglicht. Werden gelöschte Erinnerungen reaktiviert oder soll und kann man letztendlich doch nicht vergessen? Der Originaltitel ’Ewiger Sonnenschein in einem makellosen Gehirn’ ist ebenso poetisch wie das deutsche Pendant.… Mehr anzeigen
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