Artikel8. Februar 2024

Vom Film zum Musical zum Filmmusical: 5 Gründe, «Die Farbe Lila» zu schauen

Vom Film zum Musical zum Filmmusical: 5 Gründe, «Die Farbe Lila» zu schauen
© Warner Brothers Switzerland

Häusliche und sexuelle Gewalt im Amerika nach dem Sezessionskrieg sind nicht unbedingt Themen, die sich für ein Musical aufdrängen. Trotzdem wurde aus «Die Farbe Lila», nach dem erfolgreichen Roman von Alice Walker, ein beliebtes Broadway-Musical. Nun haucht die Verfilmung des Musicals der Geschichte neuen Schwung ein. Wir geben dir fünf Gründe, weshalb es sich lohnt, «Die Farbe Lila» anzuschauen.

von Gabriela Tscharner Patao

1. Der Film-Musical-Film-Trend

Afroamerikanische Frauen auf dem Weg zur Emanzipation in «Die Farbe Lila» © Warner Brothers Switzerland

Nach «Wonka» und «Mean Girls» liegt «Die Farbe Lila» ganz im Trend der Verfilmungen von Broadway-Musicals, die auf Filmen basieren. Regisseur Blitz Bazawule (Beyoncés «Black Is King») kombiniert Alice Walkers Roman, der mit dem Pulitzer Preis ausgezeichnet wurde, mit dem Musical zu einem Sing- und Tanzspektakel, das schwerwiegende Themen behandelt.

Die Geschichte spielt kurz nach dem Ende der Sklaverei im Süden der USA. Celie (Phylicia Pearl Mpasi) ist eine junge Frau, die von den Männern in ihrem Leben enormen physischen und psychischen Missbrauch erfährt.

2. Celie und ihre Fantasiewelt

Fantasia Barrino als Celie in «Die Farbe Lila» © Warner Brothers Switzerland

Die musikalischen Einlagen werden dazu verwendet, um Celies Gedanken- und Fantasiewelt darzustellen. Als Teenager (Phylicia Pearl Mpasi) wird sie regelmässig von ihrem Vater Alphonso (Deon Cole) vergewaltigt und gebärt ihm zwei Kinder, die dieser zur Adoption freigibt. Schliesslich verkauft er Celie an den gewalttätigen Nachbar Mister (Colman Domingo) für eine Kuh und ein paar Eier. Eine eindrückliche Szene zeigt Celie inmitten einer tanzenden Sträflingskolonne, zu deren Rhythmen sie von ihrem Leid singt.

Ihr erstes Treffen mit Misters Mätresse Shug Avery (Taraji P. Henson) lässt die inzwischen erwachsene Celie (Fantasia Barrino) von ihrer eigenen Zuneigung für die schöne Nachtclub-Sängerin träumen. Eine Szene, in der Celie zusieht, wie Shug ein Bad nimmt, wird vom Regisseur als Traumsequenz auf einem überdimensionalen Grammophon inszeniert. Bazawule benutzt die musikalischen Einlagen gekonnt, um dem Publikum die Gefühlswelt der verschlossenen Celie näher zu bringen.

3. Der queere Handlungsbogen

Musicalszene in «Die Farbe Lila» © Warner Brothers Switzerland

In Alice Walkers Buch aus dem Jahre 1982 wird Celie und Shugs Beziehung detailliert als sexuell beschrieben, aber Steven Spielbergs Filmversion zeigte in den 80er-Jahren nur einen flüchtigen Kuss. Eine Tatsache, für die der Regisseur seither viel Kritik einstecken musste.

Bazawules Film trägt die Beziehung zwischen den zwei Frauen nun ein Stück weiter. Sie küssen sich im Kino, was in Celies Fantasie zu einer extravaganten Ballsaal-Szene führt, in der die beiden zusammen singen und tanzen. Und am Morgen danach sehen wir Shug aus einem Bett aufstehen, in dem Celie noch immer schläft. Die Szenen sind alles andere als explizit, aber sie helfen dem Publikum, Celies ultimative Emanzipation als Resultat der von ihr erfahrenen Liebe und nicht nur als Flucht aus der Gewalt zu verstehen.

4. Hochkarätige Stars

Phylicia Pearl Mpasi und Halle Bailey in «Die Farbe Lila» © Warner Brothers Switzerland

Ein Filmmusical ist nur so gut wie sein Ensemble und «Die Farbe Lila» ist voller enormer Talente. Mister wird von Colman Domingo gespielt, der derzeit für seine Rolle als Zivilkämpfer im Film «Rustin» für einen Oscar als bester Schauspieler nominiert ist. Domingos Darstellung des gewalttätigen Ehemanns ist nuancierter und hat einen grösseren Handlungsbogen als Danny Glovers Mister in Spielbergs Film.

Fantasia Barrino spielte Celie schon 2007 im Broadway-Musical und sie überzeugt auch in der Filmversion in dieser Rolle. Es ist aber Danielle Brooks («Orange Is The New Black»), die als temperamentvolle Sofia die Schau stiehlt. Brooks machte 2015 in «Die Farbe Lila» als Sofia ihr Broadway-Debüt und sorgt nun für die einzige Oscar-Nomination für das Filmmusical.

5. Trauma, hübsch verpackt

Colman Domingo in «Die Farbe Lila» © Warner Brothers Switzerland

Bazawules Version von «Die Farbe Lila» gibt Mister eine Chance, sich zu rehabilitieren. Nachdem er Celies Schwester Nettie (Halle Bailey/Ciara) in ihrer Jugend aus dem Haus jagt, sorgt er schliesslich dafür, dass sich die zwei erwachsenen Frauen wiedersehen. Im Gegensatz zum Film der 80er-Jahre darf Mister an dieser Wiedervereinigung teilnehmen, denn Celie vergibt ihm. Das Filmmusical macht den Versuch, Misters Wutausbrüche als erlerntes Verhalten zu erklären, denn auch er wurde von seinem Vater, Ol' Mister (Louis Gossett Jr.), missbraucht.

«Die Farbe Lila» konzentriert sich weniger auf Celies Überwinden ihrer traumatischen Erlebnisse und mehr auf die Unterstützung, die sie von Frauen wie Shug und Sofia erhält, mit der sie sich schliesslich als eigenständige Person etablieren kann. Die Lieder und Tanzeinlagen schaffen emotionale Auflockerung und feiern Celies Kraft und Widerstandsfähigkeit, ohne die schrecklichen Dinge, die ihr angetan wurden, rechtfertigen zu wollen.

3.5 von 5 ★

«Die Farbe Lila» ist seit dem 8. Februar im Kino zu sehen.

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