Artikel8. Februar 2022

Filmtagebuch: Dem Ende nahe – Das Katastrophenkino des Roland Emmerich

Filmtagebuch: Dem Ende nahe – Das Katastrophenkino des Roland Emmerich
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Er kann auch leiser und ernster werden – siehe «Anonymous» und «Stonewall». Bekannt wurde der deutsche Filmemacher Roland Emmerich aber mit effektreichen Spektakelstreifen wie «Independence Day», in denen er die Welt in ihren Grundfesten erschüttert. Wenig verwunderlich wirft auch seine neue Regiearbeit «Moonfall», die den aus seiner Umlaufbahn geschleuderten Mond auf die Erde zurasen lässt, ein knalliges Untergangsszenario an die Wand. Grund genug, um einen Streifzug durch Emmerichs Zerstörungsvisionen zu unternehmen.

Artikel von Christopher Diekhaus

1. «Das Arche Noah Prinzip» (1984)

Schon das im Rahmen von Roland Emmerichs Filmstudium entstandene Debütwerk «Das Arche Noah Prinzip» erzählt von einer Bedrohung, die das Leben auf der Erde grundlegend verändern könnte. Ende des 20. Jahrhunderts ist es von einer europäisch-amerikanischen Raumstation aus möglich, das Wetter mit einer Mikrowellentechnik zu beeinflussen. Zwei Astronauten versuchen in diesem Zusammenhang, militärischen Missbrauch zu verhindern.

Die ganz grossen Effekte konnte sich Emmerich damals noch nicht leisten. In handwerklicher Hinsicht ist sein erster abendfüllender Spielfilm, der weitegehend in stillgelegten Fabrikanlagen gedreht wurde, dennoch beachtlich. Dass der Regisseur für seine Arbeiten gerne den Kinofundus plündert, sieht man diesem auf der Berlinale uraufgeführten Science-Fiction-Beitrag deutlich an.

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2. «Independence Day» (1996)

Emmerichs erster gigantischer Hollywood-Erfolg war der Blockbuster «Independence Day», der ein denkbar klassisches Thema behandelt: den Angriff feindlich gesinnter Aliens auf die Erde. Der Attacke stellen sich der US-Präsident Thomas J. Whitmore (Bill Pullman), der Satellitentechniker David Levinson (Jeff Goldblum) und der Kampfpilot Steven Hiller (Will Smith) unerschrocken entgegen. Mit dieser ebenso spektakulären wie patriotisch eingefärbten Materialschlacht, die einmal mehr die Muster anderer Genrearbeiten aufgreift und kombiniert, begründete der deutsche Regisseur seinen Ruf als «Master of Disaster».

Handlung und Figurenzeichnung sind bloss Mittel zum Zweck. Der da lautet: das Publikum zu überwältigen, was die Zerstörungsbilder zweifellos bewerkstelligen. Die 2016 veröffentlichte, ebenfalls von Emmerich inszenierte Fortsetzung «Independence Day: Wiederkehr» liefert viel Vertrautes und kam bei den Kritikern deutlich schlechter weg als der Ursprungsfilm. «Lohn» waren neben vernichtenden Rezensionen fünf Nominierungen für die Goldene Himbeere, den Antipreis Hollywoods.

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3. «Godzilla» (1998)

Lange bevor Hollywood das sogenannte Monsterverse aus der Taufe hob, ein Franchise mit Godzilla- und King-Kong-Filmen, nahm sich Roland Emmerich der legendären Urzeitechse an und legte zwei Jahre nach dem Spektakel von «Independence Day» eine neue Zerstörungsorgie vor.

In der ersten US-amerikanischen Godzilla-Verfilmung nistet sich das titelgebende Monster im New Yorker Untergrund ein und platziert dort zahlreiche Eier. Erzählerisches Feingefühl lässt auch dieser Streifen des «schwäbischen Spielbergs», wie er manchmal bezeichnet wird, vermissen. Mit gigantischem Aufwand und Hilfe der Computertechnik brachte Emmerich aber erneut die Kinosäle zum Beben.

Cineman User Charts 3.3 von 5 ★

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4. «The Day After Tomorrow» (2004)

Seinen thematisch weitsichtigsten Film drehte Roland Emmerich bislang mit dem Desaster-Movie «The Day After Tomorrow», das von einer durch das Schmelzen der Polkappen hervorgerufenen Klimakatastrophe auf der nördlichen Hemisphäre handelt. Die im Zuge dieser Entwicklungen ausgelöste Eiszeit wird aus der Perspektive des Wissenschaftlers Jack Hall (Dennis Quaid) geschildert, der seinen in New York festsitzenden Sohn Sam (Jake Gyllenhaal) retten will.

Im Jahr 2004, als der Klimawandel zwar bekannt war, in der breiten Öffentlichkeit aber praktisch noch keine Rolle spielte, setzte Emmerichs Blockbuster durchaus einen Punkt. Auch dieser Film mag kein Glanzstück der Erzählkunst sein. Und sicherlich transportiert er diverse wissenschaftliche Ungenauigkeiten. Im Rahmen eines perfekt getricksten Untergangsspektakels sensibilisiert er jedoch für ein Problem das uns heute, um die Ohren zu fliegen droht. In Zeiten, in denen einige führende Politiker die klimatischen Umwälzungen und Gefahren verharmlosen, wirkt Emmerichs mahnende Grossproduktion auf jeden Fall noch ein Stück beklemmender.

Cineman User Charts 3.9 von 5 ★

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5. «2012» (2009)

Und immer wieder steht die Menschheit am Abgrund: «2012» geht auf die Vorstellung zurück, dass nach dem Ende der Langen Zählung des Maya-Kalenders die Welt dem Untergang geweiht sei. Im Film brechen schliesslich verheerenden Naturkatastrophen über unseren Planeten herein. Da diese Entwicklungen allerdings vorherzusehen waren, wurden hoch technisierte Archen angefertigt, um wichtige und zahlungskräftige Personen retten zu können. Als der erfolglose Schriftsteller Jackson Curtis (John Cusack) von diesem Projekt erfährt, will er sich mit seiner Tochter einen Platz an Bord sichern.

Wer Emmerichs lautes, von Effekten getragenes Kino mag, wird auf seine Kosten kommen. Denn der Regisseur feuert hier zweifellos aus allen Rohren: Imposant gestaltete Zerstörungsbilder, Verschwörungsbausteine, Kritik am abgehobenen Establishment und familiäre Melodramatik – all das findet Platz in der mehr als zweieinhalbstündigen Laufzeit.

Interessanter Fakt am Rande: Weil die NASA von Anfragen verängstigter Menschen bombardiert wurde, die den Film gesehen hatten, richtete sie eine Website ein, um den Mythen von «2012» entgegenzutreten. Und nicht nur das: Die falsche Darstellung vieler Fakten in Emmerichs Blockbuster veranlasste die US-amerikanische Weltraumbehörde dazu, den Streifen zum absurdesten Science-Fiction-Film aller Zeiten zu küren.

Cineman User Charts 4 von 5 ★

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