News21. August 2023 Cineman Redaktion
Hände hoch! Die besten Polizistinnen der Filmgeschichte
Dirty Harry, Columbo, Inspektor Clouseau – einprägsame Polizisten kennt die Filmgeschichte viele. Frauen im Einsatz für Recht und Ordnung sind – leider – noch immer weniger präsent. Aber natürlich gibt es auch hier Figuren, die Eindruck hinterlassen und frische Impulse setzen. Der Kinostart von «Catch the Killer» ist eine gute Gelegenheit, um uns einige der besten Ermittlerinnen des Kinos ins Gedächtnis zu rufen.
Die Absolventin und ihr Mentor
Startpunkt unserer Exkursion ist – wie sollte es anders sein!? – eine der wohl berühmtesten, wenn nicht sogar die bekannteste Polizistinnen der Leinwand: Mit der von Jodie Foster gespielten Clarice Starling stellte Jonathan Demme 1991, auf Basis von Thomas Harris‘ Bestseller «Das Schweigen der Lämmer», eine junge, unerfahrene, zugleich aber mutige und scharfsinnige FBI-Agentin vor, die zur Lösung ihres Falles einen gefährlichen Deal eingeht. Mithilfe des hochintelligenten, inhaftierten Mörders und Psychiaters Dr. Hannibal Lecter (Anthony Hopkins) will sie einem brutalen Serienkiller auf die Schliche kommen und muss dabei tiefsitzende Ängste preisgeben. Clarice, die mit ihrer provinziellen Herkunft hadert, erlebt als weiblicher Grünschnabel immer wieder den Sexismus des männlich dominierten Systems, beisst sich allerdings trotzdem durch und baut zu Lecter ein Vertrauensverhältnis auf, von dem ihre Kollegen nur träumen können.
Das Rollenmuster der sträflich unterschätzten Anfängerin, für das Starling exemplarisch steht, erfreut sich in weiblich geprägten Polizeifilmen grundsätzlich grosser Beliebtheit. «Catch the Killer», spürbar beeinflusst von Demmes fünffach oscargekröntem Klassiker, stellt ebenfalls eine junge Gesetzeshüterin (Shailene Woodley) ins Zentrum, die sich unverhofft in einem spektakulären Fall wiederfindet. Nach dem Blutbad eines Heckenschützen wird die bislang «nur» auf der Strasse Dienst verrichtende Eleanor zur engsten Vertrauten des Chefermittlers Lammark (Ben Mendelsohn) und zieht die richtigen Schlüsse aus Hinweisen und Spuren. Männliches Platzhirschgehabe und sexistische Strukturen im Polizeiapparat kommen mehrfach zum Vorschein. Ähnlich wie Clarice Starling trägt Eleanor eine schmerzhafte Vergangenheit mit sich herum.
Frisch im Job
Für einen Farbtupfer sorgt zweifellos die Häsin Judy Hopps. Eine frischgebackene Polizistin, die in Disneys ungemein kreativen Animationsstreifen «Zoomania» (2016) schon wegen ihrer Grösse ständig belächelt wird – nicht zuletzt von ihren Vorgesetzten. Ehrgeiz und Hartnäckigkeit zahlen sich jedoch aus. Immerhin deckt sie, zusammen mit einem listigen Fuchs, eine gigantische Verschwörung auf.
Unerfahrenheit und männliches Überlegenheitsdenken kombiniert auch Kathryn Bigelows präzise inszenierter Thriller «Blue Steel» (1990). Darin zu sehen: Jamie Lee Curtis als Polizeischulabsolventin Megan Turner, die gleich am ersten Arbeitstag in Notwehr einen Räuber erschiesst. Ein psychisch gestörter Zeuge verwickelt sie daraufhin in ein perfides Katz-und-Maus-Spiel. Vordergründig erzählt der Film eine auf Nervenkitzel angelegte Genregeschichte. Im Kern geht es Bigelow aber um das Verhältnis der Geschlechter, das Ringen um bzw. die Unterdrückung von Emanzipation.
Zerbröselnde Moral und zermürbende Traumata
Nicht fehlen darf in unserer Liste die FBI-Agentin Kate Macer (Emily Blunt) aus Denis Villeneuves grimmigem Drogenthriller «Sicario» (2015). Ein Grünschnabel im engeren Sinne ist diese Polizistin nicht. Jedoch begibt sie sich auf das ihr unbekannte Feld der verdeckten Operationen gegen mexikanische Rauschgiftkartelle, das sie zunehmend mit Entsetzen erfüllt. Ihr Idealismus zerschellt am moralisch und rechtlich zweifelhaften Vorgehen ihrer männlichen Kollegen, die breitbeinig ihre Auge-um-Auge-Zahn-um-Zahn-Haltung verteidigen. Von manchen Seiten wurde kritisiert, dass Blunts Figur zu passiv sei. Eben darin liegt allerdings auch der Reiz des Films, der wie nur wenige Hollywood-Produktionen vom klassischen Heldenschema abweicht und seine Protagonistin auf eine schmerzhaft desillusionierende Reise schickt. Dem skrupellosen Taktieren und dem brutalen Tun der testosterongeladenen Kerle stehen die Zuschauer am Ende ebenso sprachlos gegenüber wie Macer.
Konträr zum Bild aus «Sicario» ist die Darstellung in Karyn Kusamas Krimidrama «Destroyer» (2018). Als von einem früheren Einsatz schwer traumatisierte Polizistin Erin Bell bekleidet Nicole Kidman einen Part, der sonst eigentlich nur männlichen Ermittlern zugestanden wird. Völlig abgebrannt, saufend und fluchend taumelt diese Frau durch die Gegend, verzweifelt darum bemüht, ihr aus den Fugen geratenes Leben irgendwie wieder zusammenzuflicken. Charakterstudie und actiongeladener Polizeifilm gehen eine packende Symbiose ein. Und mittendrin steht eine Kidman, die man wohl noch nie so ausgemergelt gesehen hat.
Weibliche Solidarität
Ein unkonventionelles Ermittlerinnengespann bietet der Psychothriller «Copykill» (1995) auf. Die seit einer brutalen Attacke unter Agoraphobie leidende Profilerin Dr. Helen Hudson (Sigourney Weaver) und die zupackende Inspektorin M. J. Monahan (Holly Hunter) folgen gemeinsam den Spuren eines um Aufmerksamkeit buhlenden Serienkillers, der die Taten anderer bekannter Mörder nachstellt. Der Handlungsverlauf ist eher formelhaft. Aus der Masse an Genrevertretern sticht der Film jedoch hervor, weil die beiden gegensätzlichen Frauenfiguren plastisch gezeichnet sind und aus der Platzangst der Psychologin geschickt Spannung gezogen wird.
Auf amüsante, wenn auch nicht sehr raffinierte Weise spielt die Komödie «Miss Undercover» (2000) mit Klischees. Sandra Bullock spielt darin eine anfangs burschikose FBI-Agentin, die einen Anschlag auf eine Miss-Wahl verhindern soll und dafür in das Teilnehmerinnenfeld eingeschleust wird. Bullock gibt alles und verleiht dem Ganzen Schwung. Das klassische Muster «Frauen und Schönheit» bricht der Film aber nie beherzt genug auf, um über kurzweilige Popcornunterhaltung hinauszuwachsen.
Die Dienstmarke in der Hand, das Herz am rechten Fleck
Wo Polizistinnen am Werk sind, ist – ein weiteres klassisches, oft mit weiblichen Figuren verbundenes Motiv – die Liebe oft nicht fern. Steven Soderberghs Gaunerkomödie «Out of Sight» (1998) füllt dieses stereotype Element mit Leben und schickt Jennifer Lopez und George Clooney als US-Marshall Karen Sisco und Berufsgangster Jack Foley auf eine wendungsreiche und charmante Reise mit romantischem Dreh.
Wie man Erwartungen hingegen unterläuft und Klischees wunderbar zersetzt, beweisen die Brüder Joel und Ethan Coen in ihrer herrlich schrägen Krimifarce «Fargo – Blutiger Schnee» (1996). Die unwiderstehliche Frances McDormand brilliert hier als schwangere, etwas tapsige Provinzermittlerin Marge Gunderson, die einer komplett aus dem Ruder gelaufenen Entführung nachspürt. Spiessige Häuslichkeit, Empathie, Bauchgefühl und Scharfsinn fliessen in einer ungewöhnlichen, aber grundsympathischen Figur zusammen, der man einfach die Daumen drücken muss. Dass die so unterschiedlichen Eigenschaften ein so stimmiges Charakterbild ergeben, ist wahrscheinlich die grösste Leistung des Films.
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