Kritik17. Januar 2020 Irina Blum
«Sex Education» auf Netflix: Asa Butterfield gibt erneut den Highschool-Sextherapeuten
Auch die zweite Staffel der Netflix-Serie «Sex Education» taucht in das turbulente Gefühls- und Liebesleben an einer fiktiven britischen Highschool ein. Nicht alles will dabei funktionieren. Unterhaltsam bleiben die Erlebnisse von Otis und seinen Altersgenossen aber trotzdem.
Kritik von Christopher Diekhaus
Mit «Sex Education» veröffentlichte Netflix Anfang 2019 eine erfrischend unverkrampfte Serie über die Liebe und die Fallstricke der Erotik. Gerade bei Jugendlichen, die ihren eigenen Körper in der Pubertät genauer zu entdecken lernen, sind Unsicherheiten – das war der Grundtenor – vollkommen normal.
Mit dem verklemmten Otis Milburn (Asa Butterfield), den schon der Gedanke an Selbstbefriedigung in Panik versetzte, stellte Schöpferin Laurie Nunn einen liebenswerten Protagonisten ins Zentrum und brachte diesen in die kuriose Lage, trotz seiner praktischen Unerfahrenheit zu einem Ratgeber und Helfer für seine Mitschüler zu werden.
Die Serie zeichnet ein lockerer Umgang mit den Turbulenzen des Liebeslebens aus.
Dank seiner als Sextherapeutin praktizierenden Mutter Jean (Gillian Anderson) mit reichlich theoretischem Wissen ausgestattet, schwang sich Otis zu einem gefragten Problemlöser auf und erhielt in organisatorischen Dingen tatkräftige Unterstützung von seinem Schwarm Maeve (Emma Mackey).
Am Ende der ersten Staffel fand der gehemmte Teenager ausgerechnet in Ola Nyman (Patricia Allison), deren Vater Jakob (Mikael Persbrandt) mit Otis‘ Mutter anbandelte, seine erste Liebe und konnte seine inneren Blockaden, zumindest teilweise, lösen. Der nun startende zweite Episodenschwung setzt genau an diesem Punkt an.
Seine Angst vor dem Masturbieren hat der 16-Jährige nicht nur abgelegt. Inzwischen überkommt ihn die Lust sogar in den denkbar unpassendsten Momenten. Ständig regt sich etwas in der Hose. Und immer wieder muss sich der Jugendliche selbst Erleichterung verschaffen. Sein bestes Stück versagt allerdings genau dann den Dienst, als er mit seiner Freundin Ola im Bett liegt.
Schon in der Auftaktfolge der neuen Staffel drängt Otis‘ bester Freund Eric (Ncuti Gatwa) darauf, das eingeschlafene Therapiegeschäft wiederzubeleben, und bietet sich als Ersatz für Maeve an, die mittlerweile die Schule verlassen hat. Als die selbstbewusste junge Frau jedoch unverhofft an der Moordale Higschool aufkreuzt, um für eine vernünftige Zukunft vorzubauen, weiss Otis erst einmal nicht, wie er sich ihr gegenüber verhalten soll und was ihre Rückkehr für seine Beziehung mit Ola bedeutet.
Stress kommt auch deshalb auf, weil Jean nach dem Ausbruch einer Chlamydien-Infektion von Schulleiter Mr. Groff (Alistair Petrie) widerwillig engagiert wird, um den Sexualkundeunterricht auf seine Tauglichkeit zu überprüfen. Ihre Anwesenheit und ihr offenes Ohr für die Sorgen der Jugendlichen graben dem geheimen Beratungsangebot ihres Sohnes zunehmend das Wasser ab.
Eric entwickelt sich dank Ncuti Gatwa zum heimlichen Star.
«Sex Education» besticht einmal mehr durch seinen angenehm lockeren Umgang mit den Turbulenzen des Liebeslebens, eine herrlich diverse Story-Welt und sein frisch aufspielendes Ensemble. Dem 22-jährigen Asa Butterfield dabei zuzuschauen, wie er glaubwürdig einen Teenager verkörpert und dessen Hadern zum Ausdruck bringt, ist nach wie vor berührend und amüsant.
Einen starken Eindruck hinterlässt erneut Emma Mackey in der Rolle der aus schwierigen Verhältnissen stammenden Maeve, die Durchsetzungsvermögen und Verletzlichkeit auf spannende Weise bündelt. Zum heimlichen Star schwingt sich mehr und mehr der sympathische Eric auf, dem Ncuti Gatwa unglaublich viel Charme verleiht. Wirkte Otis‘ schwuler Kumpel zu Anfang der ersten Staffel noch etwas klischiert, hat er sich längst zu einem vollwertigen Charakter entwickelt, der sich nun zwischen zwei jungen Männern wiederfindet.
Sexkrankheiten und die damit einhergehende Hysterie, sexuelle Belästigung, Asexualität und die Ausprägung der weiblichen Lust sind nur einige der Themen, die die Serie anschneidet, ohne den didaktischen Zeigefinger zu erheben. Ein Lob gebührt den Machern wieder einmal dafür, dass sie kleine, aber wichtige Wahrheiten transportieren und ihren Zuschauern vor allem eines vor Augen führen: In der Liebe und beim Sex sind Ehrlichkeit, Gespräche über Zweifel und Neigungen durch nichts zu ersetzen.
Die ersten vier der acht neuen Folgen, auf die sich die vorliegende Kritik bezieht, sind kurzweilig und ereignisreich, überzeugen jedoch nicht in allen Belangen. Manche Konflikte fühlen sich ein bisschen zu forciert an. Hier und da fällt ein arg platter Gag. Und einige Nebenfiguren sind leider zu überzeichnet, um wirklich ernstgenommen werden zu können. Zum Glück wiegen die Schwächen aber nicht so schwer, dass man zur Hälfte der zweiten Staffel enttäuscht sein müsste.
3.5 von 5 ★
Die zweite Staffel von «Sex Education» ist ab sofort auf Netflix verfügbar.
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