Kreiert wurde die achtteilige Netflix-Produktion «The Eddy» von Drehbuchautor Jack Thorne («His Dark Materials»). Im Fokus der Berichterstattung steht allerdings Hollywood-Filmemacher Damien Chazelle, der in der Produzentenliste zu finden ist und die ersten beiden Episoden der stark musikalisch gefärbten Dramaserie inszenierte.
Serienkritik von Christopher Diekhaus
Ein kurzer Blick auf das bisherige Schaffen des 1985 geborenen Regisseurs reicht aus, um zu erkennen, warum er sich gerade für diesen Stoff begeistern konnte. Ähnlich wie in seinen preisgekrönten Durchbruchsarbeiten «Whiplash» und «La La Land» kommt der Musik, besonders dem Jazz, in der neuen Netflix-Produktion eine zentrale, handlungsstrukturierende Rolle zu.
Angesiedelt ist «The Eddy» im Paris der Gegenwart, wo der US-Amerikaner Elliot (André Holland) mit seinem Freund Farid (Tahar Rahim) einen wirtschaftlich angeschlagenen Live-Club samt hauseigener Band leitet.
Ein schreckliches Verbrechen bringt die Existenz des titelgebenden Musiklokals erst recht ins Wanken. Elliot muss sich fortan nicht nur mit undurchsichtigen kriminellen Verstrickungen und polizeilichen Nachfragen herumschlagen, sondern auch mit seiner verletzlichen Tochter Julie (Amandla Stenberg) auseinandersetzen, die in der Seine-Metropole auftaucht und beschliesst, vorerst bei ihrem Vater zu bleiben.
Konfliktherde deuten sich zum Auftakt zwar an. Die über eine Stunde lange erste Folge nutzen die Macher jedoch vor allem für einen Streifzug durch das Setting und die ungezwungene Vorstellung der Figuren. Im Umfeld von «The Eddy» tummeln sich viele Lebenskünstler, denen ein Masterplan fehlt, die allerdings von ihren Träumen und ihrer Musikleidenschaft zehren.
Paris mit Glamour und Postkartenansichten sucht man hier vergeblich.
Die oft sehr nah an die Personen heranrückende, ungemein agile Kamera lässt sich durch das multikulturelle Milieu treiben und schafft es immer wieder, die Energie der Jam-Sessions – etwa während einer unkonventionellen Trauerfeier – auf den Zuschauer zu übertragen.
Um das kosmopolitische Miteinander vollends spüren zu können, sollte man die Serie unbedingt in der Originalfassung schauen, die ständig zwischen der französischen, englischen und arabischen Sprache wechselt.
Das gezeigte Paris ist ein stimmungsvoller Schauplatz, wird allerdings – anders als das Los Angeles in Chazelles Oscar-Triumph «La La Land» – nicht in träumerisch-verklärtem Licht dargestellt. Wer sich Glamour und Postkartenansichten erhofft, wird hier vergeblich suchen.
Gegen Ende der zweiten Episode baut sich einiges an Druck auf, der einen wendungsreichen Verlauf einläuten könnte. Auch wenn die Gewalttat und die kriminellen Geschäfte die Geschichte anheizen, nehmen sich Chazelle und seine kreativen Mitstreiter immer wieder Zeit für atmosphärische Jazz-Einlagen und einen tiefergehenden Blick auf die Charaktere.
So schenkt «The Eddy» dem Betrachter eine Reihe bewegender Momente.
Nicht umsonst tragen fast alle Folgen den Namen einer bestimmten Figur, deren Sorgen und Nöte eingehender beleuchtet werden. Auf diese Weise legt «The Eddy» stetig neue Schichten frei und schenkt dem Betrachter eine Reihe bewegender Momente. Ehrlich berührend ist zum Beispiel das Kapitel, das sich um Farids Ehefrau Amira (Leïla Bekhti) dreht.
Nach Sichtung der ersten drei Episoden hinterlässt die von Jack Thorne erdachte und von Damien Chazelle mitverwirklichte Serie einen positiven Eindruck. Schwer vorstellbar, dass «The Eddy» im Fortgang dramatisch abfällt.
4 von 5 ★
«The Eddy» ist ab sofort auf Netflix verfügbar.
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