Kritik23. Januar 2020 Irina Blum
Serienkritik «Star Trek: Picard»: Amazon Prime bringt Jean Luc Picard zurück
Im wahren Leben sind 18, in der Welt von Star Trek sogar 20 Jahre vergangen, seit man Jean-Luc Picard zuletzt gesehen hat, und zwar in «Star Trek: Nemesis». Seitdem setzte man das Star Trek-Universum nicht weiter fort, sondern ging mit allen neuen Filmen und Serien in die Vergangenheit. Das ändert sich mit der neuen Serie «Star Trek: Picard» auf Amazon Prime.
Serienkritik von Peter Osteried
Jean-Luc Picard ist aus der Sternenflotte ausgetreten, weil sie bei einer humanitären Katastrophe auf Isolation – statt auf schnelle Hilfe – setzte. Seitdem hat sich viel verändert: Die Föderation hat sich immer mehr abgeschottet und nach einem Aufstand synthetischer Menschen auch jedwede Form von Androiden verboten.
Als Picard nun auf einen künstlichen Menschen trifft, wird ihm klar, dass ein Teil seines verstorbenen Freundes, des Androiden Data, in ihr weiterlebt. Er will sich auf die Suche nach ihrem Schöpfer und ihrer Zwillingsschwester machen – und das nicht nur, weil er sich Data verpflichtet fühlt, sondern auch, weil auf der Erde einiges im Argen liegt, scheinen doch Sternenflottenkräfte mit romulanischem Geheimdienst zu paktieren.
Die Serie umgibt einen Hauch von Wehmut.
Die Trailer waren melancholisch, die Serie selbst ist es nicht, aber sie umgibt einen Hauch von Wehmut. Weil die Zeiten sich verändern – und das nicht immer zum Besten. Dass Patrick Stewart überhaupt bereit war, noch einmal in die Haut von Jean-Luc Picard zu schlüpfen liegt auch daran, dass die Macher rund um Alex Kurtzman gar nicht erst vor hatten, einfach nur zu wiederholen, was zuvor war. Sie sehen Science Fiction als Spiegel unserer Zeit. Entsprechend gab es auch im Universum von «Star Trek» Umbrüche.
In einer Welt des Brexits und Trumps mutet die idealisierte Zukunft in «Star Trek: The Next Generation» wie ein lang vergangener Traum an. Die Föderation hat Brüche bekommen, sie ist isolationistisch geworden, sie opfert ihre eigenen Werte, anstatt für sie einzustehen. Das macht «Star Trek: Picard» zu einer politischen Geschichte – mehr, als das bei «Star Trek» jemals der Fall war. Aber auch dieses Franchise muss sich weiterentwickeln und kann nicht auf ewig den Status Quo bewahren.
Mit dem Ende der dritten Episode ist nicht nur der Trekkie, sondern auch Jean-Luc Picard ganz in seinem Element.
Dem trägt «Star Trek: Picard» auf gelungene Art und Weise Rechnung. Zugleich gibt es hier aber auch den dringend notwendigen Fan-Service, der mit einer Rückkehr von Jean-Luc Picard einfach sein muss. Entsprechend gibt es schon in der ersten Folge ein Wiedersehen mit Brent Spiner als Data. In weiteren Folgen werden dann auch Jonathan Frakes als William Riker, Marina Sirtis als Deanna Troi und Jeri Ryan als Seven of Nine zu sehen sein.
Besonders Ryans Mitwirkung ist interessant, da Picard und die Ex-Borg sich niemals zuvor getroffen haben. Aber auch die Borg spielen in dieser aus zehn Folgen bestehenden ersten Staffel eine Rolle. In einem vom Kollektiv aufgegebenen Kubus arbeiten Wissenschaftler daran, Borg wieder zu dem zu machen, was sie vor der Assimilierung waren.
«Star Trek» ist reifer geworden, die neue Serie ist so etwas wie die Anti-These zu «Star Trek: The Next Generation». Sowohl formal als auch inhaltlich. Frönte man damals vor allem dem Erzählen in sich abgeschlossener Geschichten, so präsentiert sich «Star Trek: Picard» wie ein überlanger Film mit einer durchgehenden Handlung. Technisch gesehen gleicht das Ganze auch eher einem Film als einer Fernsehserie, obwohl man bei der Art der Inszenierung schon darauf geachtet hat, ältere Fans, die etwa mit «Star Trek: Discovery» nichts anfangen können, ebenfalls abzuholen.
Die Serie braucht ein paar Folgen, um den Status Quo zu etablieren und die Handlung in Gang zu bringen. Mit dem Ende der dritten Episode ist aber nicht nur der Trekkie, sondern auch Jean-Luc Picard ganz in seinem Element. Ein Wort nur, und das Abenteuer kann beginnen: „Energie!“
4 von 5 ★
Die erste Folge von «Star Trek: Picard» ist ab dem 24. Januar auf Amazon Prime verfügbar, danach wird wöchentlich eine neue Folge veröffentlicht.
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