Kritik11. März 2021 Cineman Redaktion
Sky Show-Kritik «Yellowstone»: Von allen Seiten bedroht
Als traditionsbewusster Patriarch einer stolzen Viehzüchterfamilie kämpft Kevin Costner in der von Taylor Sheridan und John Linson erdachten Neo-Westernserie «Yellowstone» um seinen Besitz.
Serienkritik von Christopher Diekhaus
«Silverado», «Der mit dem Wolf tanzt», «Wyatt Earp – Das Leben einer Legende» und «Open Range» – in seiner vierzigjährigen Karriere hat Hollywood-Star Kevin Costner schon einige Ausflüge in das Westerngenre unternommen. Verwunderlich ist es also nicht, dass der gebürtige Kalifornier die Hauptrolle in der reichlich Cowboy-Feeling verströmenden, aber in der Gegenwart angesiedelten Dramaserie «Yellowstone» bekleidet. Der von ihm gespielte John Dutton ist ein Patriarch vom alten Schlag, Besitzer einer riesigen, in Montana gelegenen, an den titelgebenden Nationalpark angrenzenden Privatfarm und stets darauf bedacht, sein auf alten Werten fussendes Imperium zu schützen.
Dass es sich bei ihm um einen Mann der Tat handelt, um einen Entscheider, der nicht lange zögert, unterstreicht schon der Einstieg in die erste, Spielfilmlänge erreichende Folge. Nach einem Autounfall erschiesst Dutton ein schwer verletztes Pferd, um dem Tier weitere Qualen zu ersparen. John denkt in Lösungen, nicht in Problemen, und scheut – wie wir bald erfahren – nicht einmal vor Mord zurück, wenn es darum geht, seine Ranch zu verteidigen. Nichts, so betont er an einer Stelle mit Nachdruck, geschehe in dem Tal ohne seine Zustimmung.
«Yellowstone» hat durchaus das Potenzial, sich zu einer wuchtigen Saga im Stil eines Shakespeare-Dramas aufzuschwingen.
Dennoch sieht sich der Grossgrundbesitzer, der unaufhörlich davon redet, was einen echten Kerl ausmacht, gleich mehreren Gefahren ausgesetzt. Gefahren, die sein Cowboyreich ins Wanken zu bringen drohen. Der ehrgeizige Bauunternehmer Dan Jenkins (Danny Huston) will das Land erschliessen, den Fortschritt – wie er es nennt – nach Montana bringen. Einen Fortschritt, mit dem der Traditionalist Dutton rein gar nichts anzufangen weiss. Luxuswohnanlagen sind ihm ein Graus und müssen daher mit allen Mitteln verhindert werden.
Mehr Raum nimmt in den ersten drei Episoden von Staffel eins, die für diese Kritik gesichtet wurden, die Auseinandersetzung mit Chief Thomas Rainwater (Gil Birmingham) ein, der die Geschicke des benachbarten Ureinwohnerreservates lenkt und sich das zurückzuholen versucht, was man ihm und seinem Volk gestohlen hat. Ein Streit um eine Viehherde mündet in eine blutige Eskalation, die eine mit härtesten Bandagen geführte Dauerfehde einzuleiten scheint. Als der bis in die höchsten Kreise vernetze, mit der Gouverneurin Perry (Wendy Moniz-Grillo) ins Bett steigende John dafür sorgt, dass Rainwater kurzzeitig im Gefängnis landet, kommt es zu einer eindringlichen Begegnung der Kontrahenten, die deutlich macht: Beide sind bereit, alles dafür zu tun, um den anderen untergehen zu lassen.
Dutton muss sich allerdings nicht nur mit klassischen Westernkonflikten wie diesen herumschlagen, sondern ist auch bemüht, seine Kinder auf Linie zu bringen. Lee (Dave Annable), der Älteste im Bunde, hat die kernige Cowboyattitüde seines Vaters aufgesogen, während der Anwalt Jamie (Wes Bentley) politische Ambitionen hegt. Krampfhaft um die Anerkennung seines Vaters buhlend, will er auf diese Weise zum Erhalt des Familienbesitzes beitragen, fühlt sich aber mehr als einmal übergangen und zurückgesetzt. Nicht zuletzt durch das Auftauchen seiner Schwester Beth (Kelly Reilly), einer gnadenlosen Finanzmanagerin, die John als Kämpferin an der Front offenbar bevorzugt. Ihre Suchtprobleme und ihre emotionalen Schwankungen rühren, darauf deutet vieles hin, vom Tod ihrer Mutter, an dem sie eine Mitschuld trägt.
Die spannendste Figur des Dutton-Nachwuchses ist Ex-Soldat und Pferdebändiger Kayce (Luke Grimes), der dem Clan den Rücken gekehrt hat und mit seiner indigenen Frau Monica (Kelsey Asbille) und ihrem gemeinsamen Sohn Tate (Brecken Merrill) im Reservat der Native Americans lebt. Einerseits will er mit Johns Geschäften und dessen Ranch nichts zu tun haben. Andererseits lässt er sich noch in der ersten Folge zu einer Tat hinreissen, die ihn die Existenz mit Sarah und Tate kosten könnte.
Ähnlich wie in «Wind River» nimmt die Serie Bezug auf die Ausbeutung der Ureinwohner, deren Sicht in vielen früheren Westernarbeiten keine Rolle spielte.
«Yellowstone» hat durchaus das Potenzial, sich zu einer wuchtigen Saga im Stil eines Shakespeare-Dramas aufzuschwingen. In den Auftaktepisoden fühlt sich das Ganze aber noch oft wie ein Seifenoper-Intrigenfest à la «Dallas» an. Um sich von solchen Vergleichen freizumachen, braucht es sicherlich ein paar Nuancen mehr. Ähnlich wie in «Wind River», einem Kriminalthriller von Ko-Schöpfer Taylor Sheridan, nimmt die Serie wiederholt Bezug auf die Ausbeutung der Ureinwohner, deren Sicht in vielen früheren Westernarbeiten keine Rolle spielte. Allerdings: Obwohl hier immer wieder Bemerkungen fallen, die das Schicksal der Native Americans hervorheben, steht leider keine der indigenen Figuren gleichberechtigt neben den Mitgliedern der weissen Dutton-Sippe. Schön wäre es, wenn sich dies im weiteren Verlauf, zumindest ein bisschen, ändern würde.
Zu den Hauptstärken der in den USA bei Paramount Network veröffentlichten Produktion, deren vierte Staffel bereits abgedreht ist, gehören zweifellos die Aufnahmen der weiten, imposanten Landschaft, in der Menschen wie kleine, unbedeutende Geschöpfe wirken. Wer sich an rauen Naturbildern nicht sattsehen kann, dürfte in «Yellowstone» voll und ganz auf seine Kosten kommen. Gleiches gilt für Fans von Kevin Costner, der dieses Mal nicht als ungebrochener Sympathieträger zu sehen ist. Seine ambivalente, zwischen Selbstherrlichkeit, brutaler Entschlossenheit, Verletzlichkeit und Nachdenklichkeit changierende Rolle interpretiert der erfahrene Darsteller mit grosser Souveränität und lässt den Zuschauer zeitweise vergessen, dass John Dutton einem Mafiaboss gleicht.
3 von 5 ★
«Yellowstone» ist ab dem 11. März auf Sky Show verfügbar.
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