Kritik7. Oktober 2024

ZFF 2024: «Lee»: Die Geschichte festhalten – um jeden Preis

ZFF 2024: «Lee»: Die Geschichte festhalten – um jeden Preis
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«Lee» porträtiert die Fotografin Lee Miller, die im Zweiten Weltkrieg als Kriegsfotografin tief in die Gräuel des Krieges eintauchte. Produzentin und Hauptdarstellerin Kate Winslet musste kämpfen, um den Film machen zu können – doch es hat sich gelohnt!

«Lee»: Die Geschichte festhalten – um jeden Preis

Ellen Kuras | 117 min.

Lee Miller, Model und Fotografin, erklärt sich zu einem seltenen Interview bereit. Anhand von zahlreichen Fotos und Erinnerungsstücken zeichnet sie ihr bewegtes Leben als Fotografin nach. Im Zweiten Weltkrieg macht sie Fotos für die englischen Ausgabe der Vogue, die die Schrecken des Krieges festhalten. Hin- und hergerissen zwischen der Liebe zu ihrem Mann und der inneren Verpflichtung, die Geschehnisse aufzuzeichnen, gelangt sie schliesslich als eine der ersten Journalist:innen in die befreiten KZs in Deutschland – ihre Aufnahmen werden die Welt erschüttern.

«Lee» ist das Regiedebüt der Kamerafrau Ellen Kuras, die bereits in «Vergiss Mein Nicht» mit Kate Winslet zusammengearbeitet hatte. Beide entwickelten gemeinsam die Idee einer Biografie über Lee Miller, basierend auf dem Buch «The Lives of Lee Miller» von Millers Sohn Antony Penrose. Kate Winslet, die den Film auch produzierte, arbeitete knapp 4 Jahre an der Finanzierung des Films, wobei sie immer wieder an ihre Grenzen stiess, teilweise die Löhne des Teams aus eigener Tasche zahlte und sich bei den Dreharbeiten trotz einer Rückenverletzung weiter durchbiss – ein echtes Herzensprojekt also!

Der Aufbau von «Lee» ist eher konventionell, von der Interview-Klammer bis hin zum chronologischen Ablauf der Ereignisse, lässt damit seiner Protagonistin aber umso mehr Raum. Besonders spannend ist die Emanzipation von Lee Miller, die wir kurz nach ihrer Karriere als Model kennenlernen und die sich bald zu einer eigenständigen Künstlerin entwickelt. Immer wieder stösst sie dabei an die Grenzen, bekommt beispielsweise bei militärischen Treffen keinen Zutritt, während ihre männlichen Kollegen an ihr vorbei spazieren. Und auch die Behandlung anderer Frauen, sowohl in ihrem Berufsfeld als auch in den kriegsgebeutelten Ländern, die sie besucht, ist immer wieder Thema des Films und lässt stellenweise das Blut kochen.

Neben spannenden feministischen Inhalten ist «Lee» aber vor allem ein mitreissendes und aufregendes Portrait, das geschickt mit der Weltgeschichte und dem dunkelsten Kapitel der europäischen Geschichte verwoben wird. Dieser Spagat gelingt besonders gut, weil der Film trotz aller historischen Verflechtungen immer nah bei seiner Protagonistin bleibt, sie auf ihrer Reise begleitet und die Welt durch ihre Augen betrachtet. Ein Must-See!

4.5 von 5 ★

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