Review22. September 2023 Cineman Redaktion
Prime Video Kritik: «The Continental»: Wo bleibt die Coolness?
«The Continental: Aus der Welt von John Wick» ist das Prequel zu den «John Wick»-Filmen und spielt im New York der 1970er-Jahre, als ein junger Winston sich anschickt, das örtliche Attentäter-Hotel zu übernehmen. Zum Start der Serie bei Prime Video verraten wir dir, ob sich das Anschauen lohnt.
von Peter Osteried
Die 1970er-Jahre: Winston ist eigentlich in London aktiv, wird aber nach New York verschleppt. Er soll seinen Bruder finden, der Cormac, dem Boss des Continental, etwas ausgesprochen Wertvolles gestohlen hat. Allerdings hat Winston keine Ahnung, wo sein Bruder ist, und eigentlich auch keine Lust, sich in all das hineinziehen zu lassen. Aber letztlich hat er keine Wahl – und dann schlägt das Schicksal zu, das Winston zum Racheengel werden lässt.
Ganz klar, die «John Wick»-Filme sind extrem cool. Das sollte dann auch die Serie transportieren. Allein: Coolness ist schwer zu planen, man hat sie oder man hat sie nicht. Und diese Show hat sie nicht! Hier wirkt einfach alles bemüht. Es gibt reichlich Szenen, die geradezu schreien: «Ich bin cool!». Das klappt nur leider nicht. Pseudocool könnte man das nennen. Gewollt und nicht gekonnt.
Wenn man die Formel von «John Wick» herunterbricht, dann sieht sie wohl so aus: Abgebrühter Held auf Rachefeldzug und das mit unglaublich dynamischer Action. Klingt eigentlich leicht zu imitieren. Das haben schon einige Filme im Fahrwasser von «John Wick» gezeigt, die versuchten, genauso cool, mitreissend und energisch zu sein. Nur sie waren es nicht. Diese Serie ist es auch nicht. Klar gibt es einige Shootouts. Die sind auch hübsch in Szene gesetzt. Aber: Kinofeeling entsteht hier nicht.
Jede Folge der dreiteiligen Miniserie ist so lang wie ein Spielfilm. Aber keine hat genug Inhalt, um das auch zu tragen. Die Show mäandert, immer wieder stellt sich das Gefühl ein, dass jede Episode hätte komprimiert werden können. «The Continental» ist zäh. Damit ist die Serie das genaue Gegenteil der «John Wick»-Filme.
Da gibt Mel Gibson schon den grossen Antagonisten und was kommt dann? Er bekommt klischeehafte Dialoge, die völlig vorhersehbar sind. Und doch: Miese Dialoge hin oder her, Mel Gibson hat zumindest Präsenz. Das kann man Colin Woodell und Ayomide Adegun leider nicht attestieren. Sicher ist die Aufgabe schwer, in die Fussstapfen von Mimen wie Ian McShane und dem kürzlich verstorbenen Lance Reddick zu treten, aber bei Gott, geht es schlechter als hier? Hätte man Leute mit weniger Charisma und Ausstrahlung finden können? Wohl kaum.
Das Problem vieler Prequels ist auch hier gegeben. Es wird zu viel erklärt. Winston ist in den «John Wick»-Filmen gerade deshalb so gut, weil relativ wenig über ihn und seine Beziehung zu Charon bekannt ist. Dieses Mysterium um ihre Hintergründe erhöht diese Figuren, «The Continental» zieht sie jedoch auf ein niedrigeres Niveau herunter. Weil das Auffüllen von Lücken – hier die Frage, wie Winston überhaupt zum Boss des Continental wurde – selten wirklich erquicklich ist. Wenn schon ein Prequel, wieso dann eines, das sich mit Winstons Aufstieg befasst? Wäre es nicht spannender gewesen, beispielsweise zu erzählen, wie dieser Bund der Killer mit dem System der weltweit vorhandenen Hotels als Schutzraum überhaupt begonnen hat? Es wird erwähnt, dass dies eine Organisation ist, die das Ende des Römischen Reichs miterlebt hat. Das wäre eine starke Geschichte gewesen! Stattdessen gibt es Winstons Aufstieg, der auch nur eine 08/15-Rachegeschichte ist. Schade um das verschenkte Potenzial.
2 von 5 ★
«The Continental: Aus der Welt von John Wick» ist seit dem 22. September bei Prime Video verfügbar
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