Review18. November 2024 Cineman Redaktion
Sky Show-Kritik: «Dune: Prophecy»: Science-Fiction meets Fantasy
Nach den Kinoerfolgen «Dune» und «Dune: Part Two» von Denis Villeneuve liefert HBO mit «Dune: Prophecy» nun eine Serie nach, die sich auf die Schwesternschaft der Bene Gesserit fokussiert. 10.000 Jahre trennen beide Werke, doch narrativ wie inszenatorisch reiht sich die Serie sehr gut ein. Fans des «Dune»-Universums, aber auch von HBO-Produktionen, sollten unbedingt einen Blick hineinwerfen.
von Michael Gasch
Als Raquella (Cathy Tyson), die erste Mutter der Schwesternschaft, friedlich verstirbt, fällt die Verantwortung nach mehreren schicksalhaften Ereignissen in die Hände von Valya (Emily Watson) und Tula Harkonnen (Olivia Williams). Nur sie wissen um die Pläne Raquellas, die sie im Geheimen weiter verfolgen. Daneben führen sie den Bund weiter, knüpfen bedeutsame Beziehungen zu beispielsweise Emperor Javicco Corrino (Mark Strong) und bauen Stück für Stück ihre Macht in der vom Imperium geleiteten Welt aus. Sie ahnen nicht, dass ein Schatten über allem lauert, der mit dem bedeutenden Planeten Arrakis zu tun hat, auf dem das Spice, die wichtigste Ressource des Universums, vorkommt.
Beim Intro von «Dune: Prophecy» schleichen sich bereits Déjà-vu’s ein: Alles beginnt in einer eisigen Welt, in der Verzweiflung und weit entfernte Gefahren lauern. Es folgen prächtige Architektur und die Vorerzählung, die vom Ende eines grossen Krieges berichtet. Das mag auffällig nach HBOs Flaggschiff-Produktion «Game of Thrones» klingen und der Vorwurf drängt sich auf, das Studio drücke nur die gleichen Knöpfe: prächtigste architektonische Bauten, hautnahe Inszenierungen, eindrucksvolle Set Designs, pathetische Bilder und Farbstimmungen, abgerundet von narrativen Konstanten. So braucht sich das Publikum nicht an etwas völlig Neues gewöhnen, wenn nach «House of Dragon» die Autoplay-Funktion auf «Dune: Prophecy» umschaltet.
Spannend ist dabei trotzdem der Kontext von Distanzen. Nicht nur die Orte, sondern auch die Menschen, Ziele und der generelle Fortschritt auf unterschiedlichen Planeten sind maximal voneinander entfernt. Im Laufe der Serie rückt jedoch alles näher zueinander, auch wenn gewisse Komponenten wie Antagonisten wirken: Einerseits wird Science-Fiction (Welten tief im Weltall) mit Fantasy (eine Welt, in der an Prophezeiungen festgehalten wird) vereint. Andererseits verschmilzt Archaik (herkömmlicher Schwertkampf) mit Futurismus (Körperschutz-Technologie). Alles befindet sich im ständigen Wechsel, Orts-, aber auch Zeitsprünge inbegriffen, und doch liegt es innerhalb bestimmter Grenzen. Ein Ausbrechen gibt es hier nicht. Das Alte wie das Hochmoderne kommen zusammen und zeichnen eine Welt, die sich scheinbar nicht so ganz zwischen beiden Seiten entscheiden kann. Dies ist nicht als Kritik, sondern als Pluspunkt zu verstehen, da es für genug Abwechslung innerhalb der Episoden sorgt.
Es zeigt sich, dass zwischen all den Science-Fiction- und Fantasy-Elementen immer noch genug Platz für eine dritte Komponente ist. In den Filmen wie auch in der Serie kam die Spiritualität noch etwas zu kurz, jedoch scheint sie sich kontinuierlich weiter in die Erzählung einzufügen, wenn beispielsweise die Schwestern von ihrem scharfen Geist Gebrauch machen. «Dune: Prophecy» widmet sich dabei einer Zeit, in der geheimes Wissen scheinbar erst noch entdeckt werden muss, in der politische Instrumentalisierungen erst noch kommen werden, in der eine gespannte Ruhe herrscht, bevor ein Sturm entfacht wird. Ruhig wird die Serie mit Sicherheit nicht bleiben.
Es ergibt sich der Eindruck, dass diese Welt viel zu kostbar und vielschichtig ist, um sie nur auf Abenteuer und Action zu reduzieren. Stattdessen rücken die Menschen und all das, was sie verbindet, in den Mittelpunkt. Liebe, Macht, Intrigen und Meucheleien sind nicht weit entfernt. Statt spektakulären Show Fights richtet sich der Fokus auf die ohnehin interessantesten Figuren in dieser Welt, die nicht auf handfeste Waffen angewiesen sind. Die Schwestern, irgendwo zwischen Botschafterinnen, politischen Puppenspielerinnen, Beraterinnen, Ermittlerinnen und Spioninnen, verdienen es, genauer unter die Lupe genommen zu werden, und da kommt «Dune: Prophecy» genau richtig.
Obwohl die erste Staffel der optisch eindrucksvollen Serie noch im Anlaufen ist, zeigt sich ein Thema als besonders verheissungsvoll. Anstatt des Begriffs der Eugenik bietet sich wohl der schmeichelhaftere Ausdruck «Götterspiele am menschlichen Körper» an. Handelt es sich tatsächlich um eine Welt, in der Blutlinien noch wichtig sind oder sind sie wieder wichtig geworden? Es lässt sich nicht so genau sagen, was einmal mehr zur Verschmelzung des weit Vergangenen und weit Entfernten in der Zukunft beiträgt. So oder so, es handelt sich um eine Geschichte über Gesellschaftstransformationen, so wie auch Paul Atreides in «Dune» Umwälzungen auslöst. Dadurch, dass HBO seinen eigenen Regeln treu bleibt und eine spannende Welt voller Science-Fiction und Archaik zeichnet, entpuppt sich die erste Staffel von «Dune: Prophecy» als gelungener Anfang einer grossen Geschichte.
3.5 von 5 ★
«Dune: Prophecy» ist seit dem 18. November auf Sky Show verfügbar.
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