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Da wackelt die Kamera!

Martin Glauser
News: Martin Glauser

Die Dokumentarfilmerin Eliane de Latour stellte am Mittwoch Abend auf der Piazza Grande ihren ersten Spielfilm vor. Mit dem Auftritt der Regisseurin, begleitet von einem Teil der Crew und den zwei symphatischen Hauptdarstellern, war leider der Höhepunkt des Filmabends bereits vorbei.

Da wackelt die Kamera!

«Bronx-Barbès» spielt in Westafrika. Die Helden sind die Männer aus dem Ghetto. Sie verstehen sich als Krieger im Kampf ums tägliche Überleben, sie verleihen sich Selbstbewusstsein mit Namen wie Nixon, Tupac, DeGaulle, Tyson, sie sprechen ein Französisch, das französische Untertitel notwendig macht. Die meiste Zeit zeigt der Film Männergruppen in verbalen und handgreiflichen Auseinandersetzungen. Meist rempeln und brüllen sie sich nur an, puffen einander an die Brust, aber es kommen auch schon mal Messer und Handfeuerwaffen zum Einsatz. Wenn drei der Typen eine Frau vergewaltigen, so geschieht das quasi im Vorbeigehen, das Opfer verliebt sich später sogar in einen der Vergewaltiger.

Interessant und bewunderswert ist denn überhaupt, wie die feingliedrige französische Regisseurin eine konsequent männliche Perspektive beibehält, und den gewalttätigen Machismo ihrer Protagonisten niemals und in keiner Weise abfedert.

Der Film ist beinahe so anstrengend wie Überleben im Ghetto. Ob man das positiv oder negativ auslegt, mag Frage der individuellen Veranlagung sein. An dieser Stelle aber einmal ein ernstes Wort zum Einsatz der Handkamera: In «Bronx-Barbès» – wie in fast allen Filmen, die heute mit Handkamera arbeiten – wird stets dann am meisten gewackelt, wenn ohnehin schon am meisten los ist. Der Grund ist vermutlich ein in einem magischen Weltbild wurzelndes analoges Denken, demzufolge die Kamera den Zuschauer gleichsam in die Action, etwa in den Faustkampf «hineinziehen», ihn sozusagen «daran teilhaben» lassen könne. Das ist natürlich totaler Unsinn. Man wird überhaupt nirgends hineingezogen, man erkennt bloss nichts mehr. Wäre Frau Latour Ärztin, würde sie sich denn neben den Epileptiker auf den Boden legen und zappeln wie verrückt?

Gewiss nicht. Eine vernünftige Regel, wenn man denn partout kein Stativ benutzen will, wäre diese: Bewegt sich das Sujet selbst stark, soll die Kamera ruhig gehalten werden. Wenn das Sujet still ist, soll sie meinetwegen wackeln.

10. August 2000

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