Critique18. März 2019 Irina Blum
FIFF-Kritik «The Spy Gone North»: «Mission: Impossible» auf südkoreanisch
Der Agententhriller, der am Festival International de Films de Fribourg als Schweizer Premiere gezeigt wurde, nimmt uns mit in die Ära des nordkoreanischen Kernwaffenprogramms der 90er-Jahre. Inspiriert von den Erfahrungen eines Agenten porträtiert Regisseur Yoon Jong-bin die Wahrheitssuche eines südkoreanischen Spions in Nordkorea – keine ungefährliche Aufgabe, so viel sei versichert.
Filmkritik von Walter Rohrbach
Der Spion geht in den Norden. Was so harmlos klingt, ist aber bitterer Ernst – dies wird bereits in den ersten Einstellungen des 140-minütigen politischen Thrillers klar. Denn der südkoreanische Spion Park Suk-young geht nicht irgendwohin. Er geht ins sozialistische Nordkorea der 90er-Jahre, diktatorisch geführt vom Zweiten der Kim-Dynastie King Yong-il – mit dem Auftrag, alles über die Atomanlage in Yŏngbyŏn herauszufinden.
Zu diesem Zweck tarnt sich Park als skrupelloser Geschäftsmann, allzeit bereit, für Geld alle Schandtaten der Welt zu begehen – gerne auch mit dem Feind der anderen Landesseite. Nach langem Warten, endlosen Ritualen, inklusive Sauf- und anbiederndem Imponiergehabe, wird er zu ihrem Vertrauensmann und später sogar nach Pjöngjang eingeladen, um den grossen Führer zu treffen.
Der Film ist eine turbulente Reise in ein Land, von dem sich uns mysteriöse Bilder aus einer Melange von Führerkult und Militärparaden ins kollektive Gedächtnis gebrannt haben.
«The Spy Gone North» basiert auf den wahren Erlebnissen des südkoreanischen Spions Park Chae-seo, gespielt von Hwang Jung-min. Der Regisseur Yoon Jong-bin, der mit seinem Debütfilm «The Unforgiven» bereits eine breite Bekanntheit erlangte und damit gleich eine Cannes-Einladung einheimste, kreiert nun einen südkoreanischen Thriller im «Mission: Impossible»-Stil. Doch beschränkt sich der Film nicht auf die blosse Aneinanderreihung von Explosionen und Actionelementen – darüber hinaus ist er ein politisches Exposé, das in die kommunistischen Machtstrukturen uniformierter Männer eintaucht und so die Grundzüge der Kultur dieser nordkoreanischen Eliten aufzeigt: eine militärische, einschüchternde und stark hierarchisierte Männerwelt.
Der Film ist eine turbulente Reise in ein Land, von dem sich uns mysteriöse Bilder aus einer Melange von Führerkult und Militärparaden ins kollektive Gedächtnis gebrannt haben. Der Film unterstreicht diese Collage gekonnt mit Stimmungsbildern malerischer Landschaften, monumentaler Paläste und strammstehender Uniformierter – im Kontrast dazu Bilder von frierenden Menschen, die den nordkoreanischen Kommunismus zu erfassen und ergründen versuchen. Eine gegenüberstellende Ästhetik, welcher es gelingt, die Angst, die Isolation und die Wiedersprüche dieser Zeit zu transportieren.
Ein weiterer Pluspunkt ist das differenzierte Porträt: Der Süden ist ebenso kein Musterknabe und hat Vorteile von der damaligen Situation in Nordkorea. Auch wenn der Streifen mit 140 Minuten etwas Überlänge aufweist und teilweise allzu stark auf stereotype Bösewichte fokussiert, bietet er doch solides Unterhaltungskino, das unter die Haut geht und den Blick in eine fremde und furchteinflössende Welt weitet, deren Realität wir leider weiterhin nur erahnen können.
4 von 5 ★
«The Spy Gone North» war als Schweizer Premiere am Festival International de Films de Fribourg zu sehen – das Festival läuft noch bis Samstag, 23. März 2019.
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