Critique7. September 2020 Irina Blum
«Mulan» neu auf Disney+: Glattes Remake des Zeichentrickabenteuers
Für die grosse Leinwand angekündigt, im Zuge der Corona-Krise aber in vielen Ländern zum Streaming-Portal Disney+ abgewandert: Die Neuverfilmung des Zeichentrickabenteuers «Mulan» besticht durch spektakuläre Bilder und prächtige Kostüme, bereitet die Emanzipation der Titelheldin allerdings nicht pfiffig genug auf, um lange nachzuwirken.
Filmkritik von Christopher Diekhaus
Seit einigen Jahren hat es sich der umtriebige Micky-Maus-Konzern zur Aufgabe gemacht, einige seiner grössten Zeichentrickklassiker als Live-Action-Adaptionen neu aufzulegen. Im Mai 2019 erblickte zuletzt Guy Ritchies «Aladdin»-Remake das Licht der Welt. Mit «Mulan» legt Disney nun eine Realfilmversion des gleichnamigen Streifens von 1998 vor, der auf einer uralten chinesischen Volksballade basiert.
Insbesondere der imposanten Landschaftsaufnahmen wegen ist es schade, dass «Mulan» keine Kinoauswertung bekommt.
Die von Niki Caro («The Zookeeper’s Wife») inszenierte Auffrischung führt ihre Hauptfigur auf sehr prägnante Weise ein: Einem Wirbelwind gleich jagt Mulan (Crystal Rao) einem ausgebüxten Huhn hinterher und scheut dabei nicht vor waghalsigen Sprung- und Kletteraktionen zurück. Das Mädchen hat offenkundig Energie und erstaunliches akrobatisches Talent. Eigenschaften, die ihre Dorfgemeinschaft jedoch, auch das ist nicht zu übersehen, zutiefst verachtet. Wie alle anderen angehenden Frauen soll sich Mulan kontrollieren, sittsam sein und ihrer Familie irgendwann durch eine Heirat Ehre bringen.
Als einige Jahre später das chinesische Kaiserreich von einem finsteren Kriegstreiber namens Böri Khan (Jason Scott Lee) und dessen Verbündeter Xianniang (Gong Li), einer wandlungsfähigen Hexe, bedroht wird, sieht die herangewachsene Mulan (jetzt verkörpert von Yifei Liu) die Chance gekommen, den ihr angedachten Platz endgültig hinter sich zu lassen. Eigentlich will ihr gebrechlicher Vater (Tzi Ma) dem Geheiss des Kaisers (Jet Li) folgen, wonach jede Familie einen Mann als Kämpfer abstellen muss. Bevor es dazu kommt, entwendet allerdings Mulan sein Schwert und meldet sich, ihr Geschlecht verbergend, zum Militärdienst.
Dass der Disney-Film nach den Corona-Umwälzungen in vielen Territorien nicht mehr in den Kinos anläuft, sondern direkt auf den kleinen Bildschirm wandert, ist vor allem deshalb schade, weil er zahlreiche imposante Landschaftsaufnahmen zu bieten hat. Reichlich Futter für die Augen liefern auch die aufwendig ausgestatteten Settings und die zum Teil opulenten Kostüme.
Fans der stilisierten fernöstlichen Kampfkunst dürften sich an den artistischen Einlagen Mulans erfreuen, die eine schier übermenschliche Geschicklichkeit besitzt. Die Actionszenen sind zweifellos dynamisch, hätten hier und da aber noch einen Tick ausgefeilter sein können.
Dem Drehbuch hätten Ecken und Kanten gut getan.
Das schon in der Zeichentrickvorlage präsente Aufbegehren gegen starre Geschlechterrollen steht auch in der Neuverfilmung im Mittelpunkt. Bereits in den ersten Minuten wird man jedoch das Gefühl nicht los, dass die Macher zu sehr den erhobenen Zeigefinger schwingen. Von einem mutigen Mädchen zu erzählen, das sich über die Schranken ihrer Gesellschaft hinwegsetzt, ist definitiv beflügelnd. Mulans Emanzipationsgeschichte gleitet bisweilen aber ins Thesenhafte ab.
Überhaupt hätten dem nicht gerade komplexen Drehbuch ein paar Ecken und Kanten gutgetan. Die spannenden Parallelen zwischen der Titelheldin und der Hexe Xianniang etwa wären einen genaueren Blick wert gewesen. Komplett aus den alten Strukturen auszubrechen, erlaubt der Film seiner Protagonistin am Ende übrigens nicht, obwohl auch dieser Gedanke seinen Reiz hat.
3 von 5 ★
«Mulan» ist auf Disney Plus verfügbar.
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