Critique21. Februar 2020

Serienkritik «Hunters» auf Amazon Prime: Guilty Pleasure mit Al Pacino als Nazi-Jäger

Serienkritik «Hunters» auf Amazon Prime: Guilty Pleasure mit Al Pacino als Nazi-Jäger
© IMDB

Al Pacino, der kürzlich mit dem Mafia-Epos «The Irishman» sein Netflix-Debüt gegeben hat, wird von Amazon Prime in «Hunters» nun auf Nazi-Jagd geschickt – und dass die Serie trotz B-Movie-Charakter Unterhaltungswert hat, liegt mitunter auch daran, dass der 79-Jährige völlig in seiner Rolle aufgeht.

Serienkritik von Peter Osteried

Der Talmud sagt, die grösste Vergeltung, die man üben kann, ist ein gutes Leben zu führen. Für die Jäger in der neuen Amazon-Prime-Serie «Hunters» ist das nicht genug. Sie suchen nach den Nazis, die nach dem Krieg verschwunden sind und in den USA ein neues Leben begonnen haben. Wer nun jedoch eine realistische Serie erwartet, die erzählt, wie etwa Simon Wiesenthal oder Serge Klarsfeld nach Nazi-Verbrechern sucht, der ist hier schief gewickelt. Was David Weil mit der Serie präsentiert, ist so etwas wie die B-Movie-Variante der Geschichte – mehr «Inglourious Basterds» als «The Odessa File».

«Hunters» ist mehr «Inglourious Basterds» als «The Odessa File».– Cineman-Kritiker Peter Osteried

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Die Geschichte beginnt in Maryland des Jahres 1977. Ein Politiker (Dylan Baker) bekommt Besuch, die Frau des Besuchers erkennt in ihm jedoch einen Nazi-Kriegsverbrecher, woraufhin er sowohl sie, als auch seine Familie und seine Gäste erschiesst. Das ist ein knackiger Auftakt, der den Zuschauer sofort ins Geschehen schickt. Der Politiker erhält Hilfe von Gleichgesinnten und kann aus der Tragödie sogar Kapital schlagen. Derweil wird Jonahs (Logan Lerman) Grossmutter in ihrem Haus von einem Unbekannten ermordet. Auf der Beerdigung lernt Jonah den reichen Meyer Offerman (Al Pacino) kennen.

Eigentlich will dieser ihn nicht in die Angelegenheit hineinziehen, aber Jonah findet über Meyer heraus, wer seine Grossmutter getötet hat und will Rache, muss dann aber von Meyer gerettet werden, der ihn in eine Geheimgesellschaft einführt, der auch seine Grossmutter angehörte. Die Jäger haben es sich zur Aufgabe gemacht, Nazis, die sich in den USA verstecken, zur Strecke zu bringen. Aber sie haben keine Ahnung, dass sie damit ein Netzwerk aufschrecken, das an der Errichtung des Vierten Reichs arbeitet.

Die Inspiration für diese Geschichte lieferten David Weils eigene Grosseltern. Die waren zwar nicht als Rächer unterwegs, aber Überlebende eines Konzentrationslagers. Was sie ihm erzählten, liess Weil nie los. Er lässt dieses Entsetzen auch in «Hunters» einfliessen, wenn er zeigt, wie die Täter zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs ihren Sadismus ausgelebt haben. Die erste Folge ist ganz und gar der Etablierung der Figuren und der Grundgeschichte gewidmet.

Die Serie erinnert stark an die Exploitation-Filme aus den 70er-Jahren.– Cineman-Kritiker Peter Osteried

Man käme auch hier nicht auf die Idee, die Serie als realistisch zu bezeichnen. Aber sie hat ein gewisses realistisches Flair, das schon mit der zweiten Folge über Bord geworfen wird. Hier spielt man dann mit Genre-Versatzstücken, aber auch mit dem Stil der 1970er-Jahre. Als Meyer seinem jungen Rekruten das übrige Team vorstellt, geschieht dies auf eine Weise, die an die Trailer von Exploitation- und Blaxploitation-Filme der 1970er Jahre angelegt ist. Das strahlt eine gewisse Coolness aus, unterwandert aber auch die Wirkkraft der gesamten Geschichte.

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Allerdings hat man an diesem Zeitpunkt ohnehin zu akzeptieren, dass «Hunters» eine Geschichte ist, die sich über ihren B-Movie-Charme definiert. Und das nicht nur, wenn eine FBI-Agentin bei kurzer Durchsuchung des Schreibtischs eines Nazi-Verbrechers gleich die Schatulle mit all den von ihm herausgerissenen Zähnen seiner jüdischen Opfer findet, sondern auch, weil die Jäger gegen ein Netzwerk vorgehen müssen, das nichts weniger als die Errichtung des Vierten Reichs plant. «The Boys from Brazil» lässt grüssen – nur auf die Hitler-Klone verzichtet man.

«Hunters» ist durchaus unterhaltsam, zumal Al Pacino in seiner Rolle richtig aufgeht, aber das Prädikat „gut“ würde man hier wohl kaum vergeben. Eher schon ist die Serie das, was man gemeinhin als „guilty pleasure“ bezeichnet: Etwas, das Spass macht, über dessen qualitativen Defizite man sich aber im Klaren ist.

3.5 von 5 ★

Die erste Staffel von «Hunters» ist ab sofort auf Amazon Prime verfügbar.

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