Critique13. Februar 2018 Julian Gerber
«The Shape of Water»: Das etwas andere Märchen
Seinem Ruf als grosser Bildermagier wird Guillermo del Toro (Crimson Peak) auch in seiner jüngsten Leinwandarbeit «The Shape of Water» gerecht, die von einer ungewöhnlichen Liebesbeziehung zwischen einer stummen Putzfrau und einem sensiblen Amphibienmann handelt.
Kritik von Christopher Diekhaus
Monster trifft Aussenseiter
Anfang der sechziger Jahre, zur Hochzeit des Kalten Krieges, führt die über Gebärdensprache mit ihrer Umwelt kommunizierende Reinigungskraft Elisa (Sally Hawkins) ein monotones Leben ohne nennenswerte Abenteuer. Als eines Tages jedoch ein mysteriöses, in Südamerika gefangenes Wasserwesen (Doug Jones) an ihren Arbeitsplatz, ein Geheimlabor der US-Regierung, verschleppt wird, ist es um die einfühlsame Frau geschehen.
Während Sicherheitschef Richard Strickland (furchteinflössend: Michael Shannon) die im Wettrüsten mit der Sowjetunion als Versuchskaninchen missbrauchte Kreatur regelmässig foltert, fühlt sich Elisa magisch vom dem unbekannten Geschöpf angezogen und baut schon bald eine intime Beziehung zu ihm auf. Nur wenig später steht das Leben des Wassermannes allerdings auf dem Spiel, weshalb die Putzfrau den Gefangenen mithilfe ihres Nachbarn Giles (Richard Jenkins) kurzerhand aus dem Forschungskomplex befreien will.
Große Emotionen, Spannung, Komik und eine tolle Optik machen aus der Fantasy-Romanze ein berauschendes Erlebnis, das man unbedingt im Kino genießen sollte.
Unkonventionelle Liebe in trister Realität
Monster und Aussenseiter scheinen den Mexikaner del Toro in besonderem Masse zu faszinieren. Viele seiner Werke widmen sich ausgestossenen Figuren, solchen, die am Rande stehen und gerade deshalb umso interessanter sind. Die in Venedig mit einem Goldenen Löwen ausgezeichnete Fantasy-Romanze «The Shape of Water», deren betörend gefilmter Einstieg schon einen ganz eigenen Zauber verströmt, widmet sich einer unkonventionellen Liebesbeziehung und bettet diese überzeugend in die triste Realität des Kalten Krieges ein. Einerseits gelingt es immer wieder, das bedrückende, vom Wetteifern der Grossmächte bestimmte damalige Angstklima heraufzubeschwören. Andererseits verbreitet der Film eine märchenhafte, manchmal mit bestechender Komik angereicherte Stimmung.
Fremd und doch so nah
Dass das Geschehen trotz grosser Gefühle nie kitschig wirkt, liegt nicht zuletzt an Hauptdarstellerin Sally Hawkins, die Elisas Sehnsüchte und ihre behutsame Annäherung an den Amphibienmann mimisch und gestisch auf erstaunlich differenzierte Weise zum Ausdruck bringt. Del Toros berührende, bildgewaltige und liebevoll ausgestattete Geschichte befasst sich auch mit der Angst und der Abscheu des Menschen vor dem Fremden, tritt in diesem Zusammenhang vehement für einen unvoreingenommenen Umgang ein und ist damit auch als politisches Statement auf unsere leider stark erhitzte Wirklichkeit zu lesen.
Unsere Cineman-Sternewertung: 4 von 5 ★
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