Critique11. September 2024

Venedig 2024: «Queer»: Liebe auf den ersten Blick, Alkohol und Süchte

Venedig 2024: «Queer»: Liebe auf den ersten Blick, Alkohol und Süchte
© IMDb

Da war jemand fleissig! Nur kurze Zeit nach «Challengers» kehrt Luca Guadagnino mit einem stilisierten Drama zurück, in dem der ehemalige James Bond Daniel Craig als Homosexueller im Exil in Mexiko-Stadt zu sehen ist.

«Queer»: Liebe auf den ersten Blick, Alkohol und Süchte

Luca Guadagnino | 135 min.

Ein Text von Marine Guillain, übersetzt aus dem Französischen

Mexiko City in den 1940er-Jahren. Der ausgewanderte amerikanische Schriftsteller Lee (Daniel Craig) treibt sein Unglück in Bars, wo er Mezcal- und Tequila-Flaschen leert. Um seine Einsamkeit und Langeweile zu ertränken, ist er auf der Suche nach einem Partner. Eines Tages, als er in seinem traditionellen weissen Leinenanzug und Hut zu den Klängen von Nirvanas «Come as you are» seine Stammkneipe verlässt, läuft ihm der junge Fotograf Eugene Allerton (Drew Starkey) über den Weg. Lee verliebt sich sofort und obsessiv in ihn. Doch der geheimnisvolle Allerton scheint weder die gleichen Gefühle noch die gleichen Wünsche zu haben. Es entwickelt sich eine komplexe Beziehung zwischen den beiden.

Was könnte für Luca Guadagnino besser geeignet sein als der rote Teppich vor dem historischen Palazzo del Cinema, um seinen neuesten Film vorzustellen? Der italienische Regisseur wurde von einer jubelnden Menge gefeiert, als er den roten Teppich betrat, während Daniel Craig kaum beachtet wurde.

Die Verfilmung des Romans von William S. Burroughs, «Queer», besticht durch seine Schönheit. Kulissen, Kostüme, Looks, Farben, Bildausschnitte: Alles ist stilisiert, fast bis zum Exzess. Die Haut ist feucht, die Haare vom Schweiss verklebt, das Gesicht müde vom Drogenmissbrauch und der Opiumsucht. Daniel Craig schlüpft mit Bravour in die Rolle des gefallenen Schriftstellers und lässt den britischen Agenten, den er 15 Jahre lang gespielt hat, sofort vergessen.

Trotz dieser beeindruckenden Leistung ist es schade, dass die Empathie für die Figuren nicht grösser ist, da es Luca Guadagnino nicht gelingt, die starken Emotionen zu erzeugen, die bei jedem Anschauen von «Call me by your Name» entstehen. Der 2,5-stündige Film ist am Ende lang und verliert sich etwas, als Lee mit Eugene in den Amazonas aufbricht, um die berühmte halluzinogene Pflanze Ayahuasca zu finden. Trotz dieser kleinen Mängel bringt der fiebrige und überraschende «Queer» das Publikum an Orte, die es nicht erwartet. Weit entfernt von klassischen Formen und nie davor zurückschreckend, sich Zeit zu lassen oder gar zu lang zu werden, fesselt der Film mit seinen hypnotisierenden Aufnahmen, seinem fantastischen Soundtrack und seiner betörenden Atmosphäre.

4.5 von 5 ★

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