Interview17. September 2024

Regisseurin Yamina Zoutat über Blut als verbindendes Element in ihrem neuen Film CHIENNE DE ROUGE

Regisseurin Yamina Zoutat über Blut als verbindendes Element in ihrem neuen Film CHIENNE DE ROUGE
© Close Up Films

Mit ihrem Film CHIENNE DE ROUGE bringt die Regisseurin Yamina Zoutat ein ungewöhnliches Thema auf die Leinwand: Blut. Im Interview mit IMAGIQUE spricht die Regisseurin über den mysteriösen Impuls, Blut zu filmen, die menschlichen Begegnungen, die dadurch ermögilcht wurden, und darüber, wie Blut als Metapher für kollektives Zusammensein dient.

Imagique: Sie sind eines Morgens mit einem Drang, einem Bedürfnis aufgewacht, Blut zu filmen. Woher kam dieser Impuls? Ist er aus einer persönlichen Introspektion entstanden oder haben Sie die äusseren Umstände dazu veranlasst?

YZ: Tatsächlich wachte ich eines Morgens mit dem dringenden Wunsch auf, Blut zu filmen. Ich spürte, dass dieser Wunsch aus meinem tiefsten Inneren kam. Als dieser Impuls auftauchte, war er ein Rätsel für mich, ein Mysterium. Ich wusste nicht, was er bedeutete, was ich mir damit sagen wollte. Dennoch beschloss ich, dieser Spur zu folgen und zu sehen, wohin sie mich führen würde.


Imagique: Der Film behandelt weit mehr als nur den materiellen Aspekt von Blut. Was symbolisiert das Blut als Metapher?

YZ: Ich denke, ich fühlte mich von dieser Substanz angezogen, weil sie so ambivalent ist. Blut symbolisiert sowohl Leben als auch Tod und ist nicht dazu bestimmt, sichtbar zu sein. Es fliesst unsichtbar in unseren Körpern. Sobald man es sieht, bedeutet das, Gefahr oder Bedrohung. Der Film stellte für mich die Frage: „Wie lässt sich Blut sehen und filmen? Wo kann man es finden?“ CHIENNE DE ROUGE ist mein dritter Film, und mein Ansatz als Filmemacherin basiert auf den Begegnungen, die mir der Film ermöglicht. Die grosse Frage war: Welche Begegnungen werde ich aus diesem Wunsch heraus machen können?

«Es ging mir nicht nur darum, einen Film zu machen, sondern darum, eine kollektive Erfahrung im Kinosaal zu schaffen»– Regisseurin, Yamina Zoutat

Imagique: Was war Ihr Hauptziel mit diesem Film, sowohl auf emotionaler als auch auf filmischer Ebene?

YZ: Für mich steht das Zusammenbringen im Mittelpunkt. Blut verbindet uns alle. Jeder von uns besitzt einen Körper, und diese Substanz hält uns am Leben. Oft denken wir nicht darüber nach, aber es ist das Blut, das Sauerstoff und Atem durch unseren Körper transportiert. Ich habe auch entdeckt, wie bedeutend Blutspenden sind und wie beeindruckend die Menschen, die regelmässig spenden, um anderen zu helfen. Diese Dimension des Films ist mir sehr wichtig, weil sie uns als Gemeinschaft zusammenbringt. Es ging mir nicht nur darum, einen Film zu machen, sondern darum, eine kollektive Erfahrung im Kinosaal zu schaffen.

Imagique: Das stimmt. Wir sprechen nie darüber.

YZ: Ja, tatsächlich wird darüber selten gesprochen. Man ignoriert das Blut und vergisst es. Es ist da, aber wir wollen es nicht sehen. Es macht uns Angst, doch zugleich ist es magisch. Mit dem Film wollte ich die Schönheit und Magie dieser Lebenssubstanz einfangen.

Imagique: Es war das erste Mal, dass Sie in einem Krankenhaus gedreht haben. Was haben Sie dabei gelernt?

YZ: Es hat mir enorm viel gebracht, die Welt des Krankenhauses zu entdecken. Ich habe in einem sehr grossen Krankenhaus in Paris, dem Hôpital de la Pitié-Salpêtrière, gefilmt. Während einer schwierigen Zeit mit vielen Reformen, die das Personal stark belasteten, entdeckte ich die menschliche Schönheit dieses Ortes. Obwohl ich bisher Filme über die Justiz gedreht habe, fand ich eine Gemeinsamkeit zwischen Krankenhaus und Gericht: Beide Orte bringen Menschen zusammen, die helfen, uns zu retten. Besonders berührt hat mich eine vietnamesische Ärztin, die Leben durch Blutstammzellen rettet.

Ich wollte das Krankenhaus als verzauberten Ort darstellen, nicht als einen realistischen. Oft sieht man Krankenhäuser als triste Orte, aber sie sind voller Leben, Reparatur und Geschichten. Der Film stellt auch die Frage: «Was heilt uns?»

«Ich wollte das Krankenhaus als verzauberten Ort darstellen, nicht als einen realistischen. Oft sieht man Krankenhäuser als triste Orte, aber sie sind voller Leben, Reparatur und Geschichten. Der Film stellt auch die Frage: Was heilt uns?»– Regisseurin Yamina Zoutat

Imagique: Es stimmt, dass man die reparierende Seite des Krankenhauses vergisst und oft nur die negativen Aspekte sieht.

YZ: Ja, das ist ähnlich wie beim Blut. Man sieht zuerst das Negative, doch in Wahrheit geht es um Leben, Erneuerung und Reparatur. Aus diesem Blickwinkel sollte man die Dinge zuerst betrachten. Das ist mein eigener Blickwinkel.

Regisseurin Yamina Zoutat
© Yamina Zoutat

CHIENNE DE ROUGE von Yamina Zoutat läuft aktuell im Cinématographe in Lausanne

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