The House of Mirth Frankreich, Deutschland, Grossbritannien, USA 2000 – 135min.

Filmkritik

The House of Mirth

Filmkritik: Remo Bräuchi

Regisseur Terence Davies ("Distant Voices, Still Lives") verfilmt Edith Whartons Roman vom tiefen Fall einer Frau in New York anfangs des 20. Jahrhunderts. In der Hauptrolle glänzt "Akte X“- Star Gilian Anderson.

New York, 1905. Lily Bart (Gillian Anderson) ist eine nicht mehr ganz junge Frau, die in den besten Kreisen verkehrt und sich auf dem Höhepunkt ihrer sozialen Karriere befindet. Doch ihr Erfolg löst auch Eifersucht und Missgunst aus. Ihr einziger, bis dahin wohlwollend übersehener Makel – ein gewisser Mangel an finanzieller Sicherheit – wird zur Existenz gefährdenden Bedrohung. Der Versuch einen wohlhabenden Ehemann zu finden und damit die gesellschaftlichen Erwartungen zu erfüllen, zerstört Liliys Chance auf wahre Liebe mit dem Anwalt Lawrence Selden (Eric Stoltz). Ihre Suche nach einem passenden Gatten mündet in einem Skandal, als sie fälschlich einer Affäre mit einem verheirateten Mann bezichtigt wird.

Für Regisseur Terence Davies ist die Schriftstellerin Edith Wharton „Jane Austen ohne Handschuhe und mit Blut an den Wänden“. Beide Schriftstellerinnen eint der analytische und kritische Blick auf die Gesellschaft ihrer Zeit und im Mittelpunkt steht dabei häuft das Schicksal von Frauen. Doch während bei Jane Austen am Ende meist die Liebe triumphiert, finden Edith Whartons Geschichten selten ein Happyend. Tatsächlich erscheinen uns auch in "The House of Mirth“ von Beginn weg die höflichen Konversationen und herzlichen Freundlichkeiten aufgesetzt und falsch und lassen uns erahnen, wie anders es hinter den hübschen Fassaden aussehen mag.

Inmitten der oberen Zehntausend hat Lily Bart ihren sonnigen Platz in der sozialen Hierarchie. Obwohl finanziell abhängig, wird ihre Gesellschaft aufgrund ihrer Schönheit und ihres Charmes gerne geduldet, ja ist sogar erwünscht. Gleichzeitig ist sie als unverheiratete Frau aber auch jederzeit austauschbar. Lily ist sich dessen bewusst. „Ich bin schon zu lange hier, ich beginne die Menschen zu langweilen“, sagt sie und sie weiss, dass in ihrer Situation eine Heirat die einzige Möglichkeit darstellt, sich eine sichere Position zu schaffen. Und trotzdem kann sie sich nicht recht überwinden, eine solche Zweckheirat einzugehen. Eigentlich genügen ihr die amourösen Anspielungen mit dem Anwalt und guten Freund Lawrence Seldon und als sie die Möglichkeit sieht, durch Spekulationen ganz nebenbei noch ihre finanzielle Situation zu verbessern, wähnt sie sich in einer Sicherheit, die es für sie nicht geben kann. Sie überschätzt ihre eigene Position und nimmt sich, unbeabsichtigt, Freiheiten heraus, die ihr nicht zustehen. Aber eine Welt, in der einige wenige beiläufig ausgesprochene Worte einen Ruf ruinieren können, lässt keinen Raum für Unachtsamkeiten. Als sie merkt, wie weit an den Rand des sozialen Parketts sie schon gerutscht ist, ist es bereits zu spät.

Terence Davies verzichtet über weite Strecken fast vollständig auf Musik und verleiht seinem Film damit eine beklemmende Kargheit. "The House Of Mirth“ wird zu einem Kammerspiel über das Schicksal einer Frau, die an den Konventionen ihrer Zeit zugrunde geht.

17.02.2021

3

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Kommentare

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tuvock

vor 20 Jahren

Naja der Film ist eher anspruchsvoll, saufad, wird aber nach einiger Zeit sehr spannend und einfühlsam und macht sehr nachdenklich.
Wer Freunde hat hat oft Freunde die keine sind.


Also empfehlenswert und

76, 10 von 100


Taz

vor 22 Jahren

Wenn Disney einen "Realfilm" produziert, kann man sich eigentlich immer auf lustige, unterhaltsame und politisch korrekte Unterhaltung freuen. Bei diesem Film ist es genau so. Die Geschichte ist eigentlich schon fast "klassisch Disney". Ein Mensch wird aus seiner gewohnten Umgebung gerissen, stellt sich am neuen Ort dümmer als dumm an, findet trotzdem Freunde, vollbringt eine gute Tat und am Ende haben sich alle lieb. Dazwischen gibt es ein paar mehr oder weniger lustige Szenen (vorzugsweise mit Tieren..) und natürlich darf der moralische Zeigefinger auch nicht fehlen. Und wieder. Genau das passiert hier. Klar, die Hunde sind niedlich und lustig. Klar, der sonnenverwöhnte Zahnarzt aus Miami verliebt sich über Nacht in das eisige Dorf in Alaska. Klar, rutscht Ted auf jedem Stückchen Eis aus und schlittert jeden schneebedeckten Abhang herunter. Irgendwie hat mich dieser Film ansatzweise an "Cool Runnings" (remember?) erinnert. Aber "Snow Dogs" erreicht zu keiner Sekunde dessen Unterhaltungswert. Darstellerisch sind allesamt gut, auch wenn Cuba Gooding jr. hier zeitweise übertrieben agiert, dass es einem schon fast auf die Nerven gehen kann. James Coburn gibt den alten, grummeligen und anfangs unsympathischen Alaskaner (gibt's die Bezeichnung überhaupt?). Aber grosses kann man auch von ihm nicht erwarten. Die eigentlichen Helden sind natürlich die Schlittenhunde, denen mit Computertechnik der eine oder andere Gesichtsausdruck auf die haarigen Schnauzen projektiert wurde. Ach ja, Fans von "Stargate" und "Star Trek" sei der Auftritt von Teal'c (als Zahnarzt mit lockigem Haar) und Lt. Uhura (die einzige Frau auf dem originalen Raumschiff Enterprise) zu empfehlen. Klein, aber witzig... Fazit: Sterile, cleane und unterhaltsame 100 Minuten, die keinem weh tun und vor allem die kleinen Schneemänner begeistern kann. Für meinen Geschmack wird es allerdings Zeit, dass sich Disney auch in den Realverfilmungen ein bisschen weiter aus dem Fenster lehnt und eindeutig frecher wird. War mir irgendwie zu brav, der Film...

web.green.ch/mmcMehr anzeigen


gilliananderson

vor 23 Jahren

Meisterleistung von Gillian Anderson!


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