Das Comeback USA 2005 – 144min.

Filmkritik

Märchenheld in Boxerstiefeln

Priska Amstutz
Filmkritik: Priska Amstutz

Nach bekanntem Strickmuster wird in "Cinderella Man" von Regisseur Ron Howard ein modernes Märchen erzählt. Der amerikanische Box-Held James J. Braddock rappelt sich nach seinem Fall während der grossen Wirtschaftskrise wieder auf und kämpft. Nicht für sein Ego, sondern um seine Frau Mae und die Kinder zu ernähren. Nebenbei motiviert er mit seiner Geschichte eine ganze Nation, den Mut nicht zu verlieren.

In Amerika waren die goldenen Zwanzigerjahre viel verheissend, die Möglichkeiten für ein erfolgreiches, aufregendes Leben schienen auf der Strasse zu liegen. Mit etwas Anstrengung und gutem Willen erreichte man schnell viel Geld. So auch der aufstrebende Boxer James J. Braddock (Russell Crowe). Der erhält nach seinen Preiskämpfen von seinem Manager Joe (Paul Giamatti, bekannt aus "Sideways") bündelweise Geld. Seiner Frau Mae (Renée Zellweger) missfallen zwar die Kämpfe, sie ängstigt sich immer um ihren Mann. Doch der Stolz auf den "Bullen aus Bergen", so Jims Rufname im Ring, ist grösser als ihre Sorgen.

Wenige Jahre später hat die Familie ganz andere. Gold und Glamour sind verschwunden, die drei Kinder haben Hunger: Die grosse Depression ist ausgebrochen. Jim boxt nach mehreren Handbrüchen schlecht, nach einer besonders missratenen Vorstellung wird ihm gar die Lizenz entzogen. Mit tausend anderen Arbeitslosen steht er nun für Tagearbeit in den Docks an, doch das Geld reicht hinten und vorne nicht. Im Moment der allumfassenden Verzweiflung erhält Braddock die Gelegenheit, als Lückenbüsser einen Boxkampf zu bestreiten. Er packt seine Chance mit beiden Fäusten - und steht bald dem amtierenden Meister gegenüber, einem Mann, der schon Gegner im Ring getötet hat.

Es sei nicht einfach, mit Russell Crowe zu arbeiten, hört man immer wieder. Ron Howard scheint das nicht zu stören. Nach "A Beautiful Mind", für den er einen Oscar erhielt, ist "Cinderella Man" die zweite Zusammenarbeit der beiden Filmgiganten, ein dritte ist in den Startlöchern. Crowe, dem die Rolle des verzweifelten Helden, der über sich selbst hinauswächst auf den Leib geschrieben ist ("Gladiator"), soll die erneute Zusammenarbeit angeregt haben, nachdem das Projekt mit dem ursprünglichen Regisseur Lasse Halström nicht zustande kam.

Gerade die geschichtliche Kulisse der 20er- und 30er-Jahre, die nur in wenigen Filmen der jüngeren Vergangenheit eine Rolle spielte, ist ein Pluspunkt. Ansonsten ist der Film leider nach bekanntem Strickmuster gemacht: Guter Held, liebe Frau, süsse Kinder, schreckliche Zeit, Kampf ums Überleben, heroische Musik, stolzdurchtränkte Parolen, pathetische Handschläge. Erzählt wird die Geschichte des amerikanischen Traumes, aber wirklich überzeugend ist das nicht. Die Hauptfiguren wirken teilweise, abgesehen vom grandiosen Paul Giamatti, flach, und die eigentlich spannenden Boxkämpfe sind gegen den Schluss qualvoll in die Länge gezogen. Weniger dick aufgetragen wäre mehr gewesen.

19.02.2021

3

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Kommentare

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vor 9 Jahren

Es gibt im Leben nichts ohne sich zurueck zu kaempfen


sniper8

vor 16 Jahren

meine allerbesten glückwünsche an den ehrenwerten ron howard. ihm ist es gelungen, ein mehr als gelungener mix aus, sozialstudie, familiendrama und natürlich dem besten von boxfilm zu brauen. ich kann wirklich sagen: ich sah einer der besten filme aus dem 21. jahrhundert!
ich weiss nicht, wie ihr darauf kommt, aber bei mir kam nie langeweile aus, trotz einer gehörigen portion kitsch und einer sehr vorausschaubaren handlung hab ich mich nie gelangweilt. dafür sorgt selbstverständlich der geschichtliche hintergrund und die autenthische umgebung in der sich grandiose schauspieler bewegen.
russell crowe, ein klasse charakterdarsteller, spielt den boxer james braddock schlicht überragend und hat von anfang bis zum ende sämtliche zuschauer auf seinen seiten.
das gilt natürlich auch denen die seine familie (dezente reneé zellweger) und freunde (überraschender paul giamatti) darstellen. letzerer ist verdientermassen oscar-nominiert worden, dadurch, dass er seiner figur ordentlich sympathie und humor beigibt.
ja, eigentlich ist alles gesagt, doch noch nie hab ich den (klischeehaften) amerikanischen traum so überzeugend gesehen und noch nie, haben mich die letze halbe stunde eines filmes so zum schwitzen gebracht.
zwar ist mir thomas newman kein begriff, aber in sachen filmsoundtrack musss ich mir den namen merken. bombastisch untermalt er super inszenierte boxkämpfe, die einfach in den bann ziehen. "cinderella man" ist wohl DER geheimtipp schlechthin des jahres 2005 und überhaupt!Mehr anzeigen


exley

vor 17 Jahren

Tolle Geschichte über einen Mann, der ganz tief fiel, es aber wieder bis an die Spitze schaffte. Das Leben schreibt doch schon grossartige Geschichten!

Hervorragend ist in erster Linie der Hauptdarsteller. Wer sonst wäre besser geeignet für diese Rolle, als Russell Crowe? Dank seiner schauspielerischen Klasse und seiner physischen Erscheinung hat es für diese Rolle wohl keinen besseren gegeben. Auch sein Manager wird absolut glaubwürdig und sympathisch von Paul Giamatti dargestellt.
Der Film zeigt dank der tollen Ausstattung auch sehr schön, wie das Leben in den 30er Jahren in den USA ausgesehen hat und veranschaulicht, wie schlecht es vielen Leuten ging. Die Boxkampf-Szenen gefallen mir sehr gut und sind packend in Szene gesetzt.

Der einzige Minuspunkt gibt es für die Darstellung des Box-Weltmeisters Max Bear. Für mich absolut unverständlich, wieso man aus ihm einen Hollywood-Bösewicht machen musste. Gegen eine etwas negative Darstellung als unsympathische Kampfmaschine hätte ich ja nichts einzuwenden, ihn aber mit der Tötung eines Gegners im Ring angeben zu lassen und auch während des Kampfes J. Braddock zu fragen, ob seine Frau Angst um ihren Ehemann habe, finde ich doch etwas übertieben. Vor allem wenn man weiss, dass Baer den Tod seines Gegners als ungeheuer schreckliche Sache empfunden hat und dessen Kindern die Collage-Ausbildung bezahlt hatte, finde ich es unangemessen, ihn hier so schlecht darzustellen.Mehr anzeigen


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