Les baliseurs du désert Frankreich 1986 – 95min.

Pressetext

Les baliseurs du désert

"Wanderer der Wüste" vom tunesischen Filmemacher Nacer Khemir spielt in einer vagen Gegenwart. Nacer Khemir führt uns bildlich gesprochen ins Leben der Wüste ein. Es ist ein Leben ausserhalb des gängigen Zeitbegriffs. Das Schiff, das da plötzlich vor den Mauern der Stadt liegt, könnte jenes von Sindbad dem Seefahrer sein. Es steht für das Meer, für die Suche nach der Weite, nach dem Anderen hinter dem Horizont. Das Schiff weist einerseits auf die andalusische Brücke: Cordoba ist da und Samarkand nie fern. Die Baliseurs, die Wüstenwanderer, sie ziehen einher, singen ihre andalusischen Lieder, summen vor sich hin, wie der Wind.

"Unsere Kinder", sagt der Alte, "sie gehen nach und nach im besten Alter. Der Fluch reisst sie in seine Fata Morgana und löscht sie für immer aus." Die Wüste verschlingt ihre eigenen Kinder. Der Alte hat sein ganzes Leben dem Buch gewidmet, hat die Seiten neu geordnet, hat es wieder entziffert. Die Wüstenwanderer, meint er, sie sollten es lesen, "um den Fluch zu erkennen". Der Lehrer soll ihm dabei helfen, er, der Mittler zwischen Vergangenheit und Zukunft. Einmal mehr lässt uns der Tunesier träumen, einmal mehr zeigt er uns in Gestalt des Uniformierten auch, wie Träume ihre Feinde haben. Der Offizier jedenfalls regt sich auf, fragt erbost, ob es nicht schon genug Geschichten gebe. Geschichten verunsichern ihn in ihrer Offenheit. Er ist es gewohnt, nach festen Regeln zu denken und zu handeln. Er verliert sich am Ende dafür im Dunkel der Wüste, und übrig bleibt ein einziges Rätsel: Die Zeit. Erinnern wir uns. An den Anfang des Films, zum Beispiel. Der Fahrer des klapprigen Wüstenbusses sagt zum Lehrer, der unterwegs in ein Dorf ist: "Es gibt kein Dorf". Erinnern wir uns. An die Bilder des Filmes zum Beispiel, die wie gemalte Tableaus das Dorf zeigen, das es für denjenigen gibt, der es aufsucht. Es ist verfallen zwar, man müsste es auf den alten Grundmauern wieder errichten, aber es existiert in seinem Kern noch. Da sind die Alten, die ihre Weisheit mit sich im Kopf herumtragen, die lebendige Tradition, das alte Wissen verkörpern. Da sind die Kinder, die unbekümmert durch die engen Gassen rennen, die es dann und wann ans Licht zieht und die sich einen Sport daraus machen, mit Spiegelscherben den Garten wieder herbeizuzaubern, den sie nur vom Hörensagen kennen.

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