Filmkritik
Illegaler Tierhandel und Humor in der Schweiz
Es gibt fast so etwas wie eine Komödien-Tradition im schweizerischen Filmschaffen der Nachkriegszeit, und das gilt insbesondere für das Sub-Genre der Lausbubenkomödie.
Sie ist zwar dünn gesät, reicht aber zurück bis mindestens in die 50er-Jahre zu Kurt Frühs Hinter den sieben Gleisen und dessen Sequel "Der Teufel hat gut lachen" (1960). Dann fehlen ihr - zugegeben - jene zwei Jahrzehnte, während derer sich der Humor schweizerischer Filmautoren anderer Ausdrucksmittel bediente.
Aber spätestens 1979 feierte sie mit Rolf Lyssys Die Schweizermacher ein glamouröses Comeback, gefolgt von Kassettenliebe (1982), dann Titel wie Teddy Bär, Leo Sunnyboy und so weiter, Schlag auf Schlag - bis eben hin zu "Katzendiebe", der als die beste Komödie seit den "Schweizermachern" gelobt wird.
Allen gemeinsam und in gewissem Sinn genrebildend ist ihre wohltuend unprätentiöse Inszenierung, bildgestalterische Bescheidenheit, eine entwaffnende Harmlosigkeit und die landesübliche Gewissenhaftigkeit, mit der die Witze einer nach dem andern vorgetragen werden. Ein Witz wird übrigens durch seine Voraussehbarkeit nicht schlechter, wie wir wissen. Und von Beat Schlatter und Bernhard Frey waren nicht die schlechtesten zu erwarten, - freilich zu erwarten eben schon.
Die beiden Frontmänner vom Cabaret Götterspass zeichnen als Co-Autoren und Hauptdarsteller zugleich. Die Figuren, die sie sich nach dem Rezept "ungleich-gleiches Männerduo" ausgedacht haben, stehen ebenfalls in einer soliden Tradition schweizerischer Dialekt-Komödianten. Beat Schlatter verlängert als Freddi Rüegg die Reihe der sympatisch-treuherzigen Helden von der Sorte eines Ruedi Walter, Zarli Carigiet, Emil Steinberger oder Dani Levy, während Patrick Freys Alain eher die gäderig-schwierige Sorte verkörpert - wie weiland Emil Hegetschwiler, Walo Lüönd oder auch Max Rüdliger, denn - nebenbei gesagt: Spuren dieser Lausbuben-Tradition finden sich selbst in den etwas devianteren Formen des jüngeren Schweizer Filmschaffens, etwa in Liechtis Akropolis Now (1985) oder Dani Levys hausbackenem I Was On Mars (auch wenn diese gemäss Titel nicht in Zürich spielen) und sogar in Samirs Langstrassenfarce Filou (1988), der etwas aggressiveren 80er-Version der Bäckerei Zürrer (1957).
Ein Filou ist auch Freddi Rüegg (Schlatter), wenn er auch keine Molotov-Cocktails in Polizeiwagen schmeisst. Er lebt in einer Garage und vom Finderlohn für "entlaufene" Katzen. Alain (Frey), der seiner halbwüchsigen Tochter gern den erfolgreichen Geschäftsmann vorspielt, in Wirklichkeit aber ziemlich auf den Felgen geht, beteiligt sich an dem Katzengeschäft und bringt seinen Unternehmergeist ein. Dies vor allem, als sein Lieferwagen mitsamt dem Equipement der Band seiner Tochter abhanden kommt und nur mit 1500 Franken bei der Russenmafia wieder ausgelöst werden kann: den grossen Coup erblicken die beiden Katzendiebe in der magischen Katze von Karin, einer ziemlich attraktiven Geistheilerin (Babett Arens). Für die weiteren Komplikationen sorgt folgerichtig die Liebe.
Ein paar Scherze sind gut, andere weniger. Seltsamerweise hat Regisseur Markus Imboden auf gewisse klassische Mittel der sanften Komödie verzichtet. Sind das bewusste Regelverstösse? Beispiel 1: Fredi und Alain legen sich schlafen. Fredi wendet sich vier Mal sehr umständlich zu seinem Kollegen, um ihn daran zu erinnern, wo der gefälligst sein Geschäft zu verrichten habe. - Drei Wendungen wären in Ordnung, fünf wären gut, ab sechs wird es richtig lustig. Was absolut nicht geht, sind vier Wendungen. Beispiel 2: Alain liegt nach einer Liebesnacht neben Karin im Bett. An der Tür klingelt der verliebte Fredi. Schnitt auf Fredi, der Karin verlegen begrüsst. Schnitt auf Karin, erstaunt. Schnitt auf Alain im Bett, Fredis Unbeholfenheiten hörend. - Jeder normale Komödien-Regisseur lässt in einem solchen Fall den Schnitt auf den Klingler weg und behält die Kamera auf dem Mann im Bett, um mit dessen mimischer Reaktion einen humoristischen Mehrwert zu erwirtschaften. Imboden geht einen andern Weg, ob mit Absicht oder irrend, weiss ich nicht, noch mit welchem Gewinn.
Aber auf filmische Witztechnik kommt es ohnehin nicht an bei einer schweizer Dialektkomödie. Burlesken wie "Katzendiebe" funktionieren, weil sie uns das Glück des Lokalkolorits und des Sich-Wiedererkennens bescheren. Es ist ein Glück, weil einem neben den charmant-bescheuerten Identifikationsfiguren eben auch immer noch die schlimmeren vorgeführt werden: die wirklichen Spiesser, die Nörgler aus dem benachbarten Zugabteil, Walo Lüond als Fremdenpolizist, Rassist Zürrer.
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