Filmkritik
Wo die Welt Kopf steht: Anarchie auf australisch
Fluglärm und giftverseuchter Boden sind eigentlich zwei gute Gründe, um schnellstens die Koffer zu packen. Nicht aber für die Kerrigans, eine eigenwillige Arbeiterfamilie aus Cooloroo, Australien. Direkt am Flughafen Melbourne haben sie sich niedergelassen und zelebrieren unbekümmert den "Australian Way of Life", bis sie eines Tages erfahren, dass sie im Namen des Fortschritts wegziehen sollen. "The Castle" ist eine australische Komödie über eine herrlich exzentrische Familie im Clinch mit den Behörden.
Das Leben meint es gut mit Darryl Kerrigan (Michael Caton). Er besitzt einen Billiardtisch, ein kleines Motorboot, drei mässig erfolgreiche Rennhunde und wenn er abends mit seinem Abschlepptruck von der Arbeit kommt, wartet eine liebe Frau (Anne Tenney) auf ihn, die ihn bekocht und rührend umsorgt. Und dann sind da natürlich seine grossartigen Sprösslinge: Steve (Anthony Simcoe), ein passionierter Bastler und Tüftler, der alle mit seinen aberwitzigen Erfindungen verblüfft. Die bezaubernde Tracy (Sophie Lee), erfolgreiche Absolventin einer Schönheitsfarm und der ganze Stolz der Familie. Und Dale (Stephen Curry), der jüngste und nicht eben hellste der Familie, dafür gesegnet mit unerbittlichem Optimismus. Ach ja, und dann ist da noch Wayne (Wayne Hope), das Sorgenkind der Kerrigans: Auch er im Grunde ein Goldjunge, der zur Zeit aber bedauerlicherweise wegen bewaffneten Raubüberfalls im Gefängnis sitzt und nun ganz schrecklich unter der Trennung von seinen Lieben zu leiden hat.
Die Kerrigans bilden eine verschworene Gemeinschaft; zusammen bewohnen sie ein ziemlich abenteuerliches Holzhaus auf einem bleiverseuchten Flecken, auf dem sie sich allen Widerwärtigkeiten zum Trotz sichtlich wohlfühlen. Für sie ist der "Australian Dream" Wirklichkeit geworden. Ein "Traumhaus" besitzen sie, und zwar mit der grössten Fernsehantenne in der ganzen Nachbarschaft; eine richtige "kleine Burg", die Schutz und menschliche Wärme bietet.
Doch Unheil droht: Die Flughafenverwaltung hat grosse Pläne. Ein mächtiges Baukonsortium will den Flughafen massiv erweitern. Deshalb sollen die Kerrigans weichen; ihr Haus wird zwangsenteignet. Der Kampf kann beginnen, das Heim wird zur sprichwörtlichen Burg.
"The Castle" erzählt die Geschichte vom naiven, leicht exzentrischen Underdog, der mit viel Charme kalten Konzernbossen das Fürchten lehrt: Auf den ersten Blick also nur eine weitere Episode im ewigen Kampf von Klein gegen Gross, von David gegen Goliath. Solid und geradlinig erzählt, ohne Rätsel und überraschende Wendungen. Dafür mit witzigen Episoden aus dem Leben der australischen Arbeiterklasse. Rob Sitch erweist sich bei seinem Regiedebut als sorgfältiger Chronist der Arbeiterklasse mit ihren kleinen und grossen Freuden. Mit viel Liebe zum Detail entwirft er einen grandiosen Mikrokosmos von Cooloroo und seinen Einwohnern und beweist dabei ein gutes Gespür für groteske Konstellationen. Hier liegen die eigentlichen Qualitäten von "The Castle". Es ist ein Film voller Komik und Sprachwitz, ein Film über Kitsch und Kitschseelen, dargestellt von exzellenten Schauspielern, allen voran Michael Caton in der Rolle des leicht exzentrischen Familienpatriarchen.
Ironischerweise ist auch "The Castle" selber so etwas wie ein "Underdog" innerhalb einer millionenschweren Filmindustrie. Mit einem Budget von 500'000 US-Dollar, einer Drehzeit von elf Tagen eine klassische Low Budget-Produktion, gedreht auf 16 mm. Dem Erfolg des Films hat es nicht geschadet. "The Castle" avancierte in Australien und und USA zum Publikums-Hit und wurde zu einem der erfolgreichsten australischen Filme aller Zeiten, überschüttet Filmpreisen. Kurz, ein "Besuch" bei den Kerrigans lohnt sich allemal!
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