Filmkritik
Zum Umfallen schön
Wie sieht eine Misswahl von hinten aus? Was verbirgt sich auf der Rückseite der gut sitzenden Lächeln und der blendenen Badeanzüge? Die Filmsatire "Drop Dead Gorgeous" geht diesen Fragen nach, indem sie Schönheitswettbewerbe, die amerikanische Provinz, Patriotismus und Puritanismus in den Dreck zieht. Einem Regie-Neuling standen dabei weibliche Stars von Weltrang zur Verfügung.
Ellen Barkin und Kristie Alley spielen die rivalisierenden Mütter zweier rivalisierender Kandidatinnen beim "Miss Teen Princess America" Wettbewerb in Mount Rose, Minnesota. Die eine (Alley) wohnt im schönsten Haus der Stadt, war selber einmal eine Beauty Queen und präsidiert jetzt den Wettbewerb. Die andere (Barkin) lebt im Wohnwagen, hält permanent eine Zigarette in der einen und eine Dose Bier in der andern Hand, und das ist durchaus wörtlich zu verstehen: Nach einem Attentat auf ihren Wohnwagen ist die Bierdose infolge einer schweren Verbrennung permanent in ihre Hand eingeschmolzen und kann vorläufig nicht operativ entfernt werden.
Damit ist angedeutet, mit welchen Bandagen die jungen und alten Frauen in "Drop Dead Gorgeous" Misswahl spielen. Bis zum grossen Finale werden noch einige der Schönen (gorgeous) buchstäblich tot umfallen (drop dead), und zwar nicht von alleine. Das Bauermädel beispielsweise explodiert zusammen mit ihrem Traktor. Hinter den Vorfällen steckt vermutlich die Kronfavoritin Becky (Denise Richards), Mitglied des Schützenvereins der Lutheranischen Schwesternschaft und auch sonst die perfekte Tochter. Aussichtsreichte Rivalin ist Amber (Kirsten Dunst), ihrerseits Tochter der Alkoholikerin, ein liebes Seelchen, das im Leichenhaus die Gesichter der Leichen schminkt und dazu ihren Steptanz übt. Mehr davon: Die amtierende Teen Princess ist in hohem Grad anorektisch und gibt darum ihre Shownummer im Rollstuhl. Die Jury besteht hingegen aus Übergewichtigen, geistig Behinderten und Perversen. Es gibt eine Szene mit einem Massenkotzen und so weiter. Habt ihr das Bild?
Aufgeschrieben und nacherzählt klingt das alles viel besser, als es im Film aussieht (mit Ausnahme von Denise Richards, die natürlich im Film besser aussieht als hier aufgeschrieben). Die Form von "Drop Dead Gorgeous" parodiert einen Dokumentarfilm, die Figuren reden also manchmal in die Kamera, so als würden sie interviewt werden. Was die Amerikaner einen "Mockumentary" nennen ist leider oft nur ein Symptom dafür, dass jemand nicht in der Lage war, eine kohärente Geschichte zu erzählen. Die Witze sind schwarz und geschmacklos, aber kaum lustig. Der Film will, dass man über die blosse Existenz von Behinderten, Magersüchtigen und Fettwänsten lacht und nimmt sich gar nicht erst die Mühe, es durch Dialoge oder Situationen zu verdienen. Über ihre Hässlichkeiten sollen wir uns genauso amüsieren wie über das eitle Haschen nach Schönheit. Janns Kritik an der Oberflächlichkeit des Schönheitkult bleibt ganz an der Oberfläche haften. Die explodierende Konkurrentin rührt an keine Wahrheit, sie ruft nicht ein hysterisches oder befreiendes Lachen hervor, sondern nur ein müdes Schnauben. "Drop Dead Gorgeous" versucht, auf die boshafte Art witzig zu sein, ist aber bloss boshaft. Andererseits kenne ich anständige Leute mit respektabler Urteilskraft, die das Gegenteil behaupten und den Film durchaus zum Wiehern fanden. Also sollten auch Sie es vielleicht probieren.
Einen Fehler allerdings muss ich dem Film aber zum Schluss noch vorwerfen, den man je nach Laune als Fehlbesetzung oder als Irrtum des Drehbuchs auffassen kann: Denise Richards, das baldige Bond-Girl, ist derart offensichlich die Schönste von allen Kandidatinnen, dass die zentrale Behauptung des Films, nämlich bei Misswahlen entscheide eben gerade nicht Schönheit, nicht recht einleuchten will. Davon überzeugen Sie sich am besten in unserer kleinen Denise Richards Galerie
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