The Frame - Bildersturm Japan 1999 – 98min.

Filmkritik

Die trügerische Welt der Bilder

Filmkritik: Michelle Ettlin

Was verrät ein Bild? Wer bestimmt den "Frame", den Rahmen, der das Bild begrenzt? Und wie sehr vertrauen wir auf diese Momentaufnahme? Diese Fragen stehen im Zentrum von Satoshi Isakas düsterem Medienthriller "The Frame". Mit kritischem Blick schaut er den Fernsehmachern in Zeiten vielfältiger Montage- und Bildbearbeitungstechnikern auf die flinken Finger und stellt die Frage nach der Verantwortung über die Meldungen, die den Zuschauer täglich erreichen. Doch wird der kritische Blick ab und zu zum erhobenen Zeigefinger, der auf die Verkommenheit und Skrupellosigkeit der bösen Medienwelt deutet.

Die japanische Fernsehjournalistin Yoko Endo versteht ihr Handwerk: Als Cutterin spitzt sie für die Newssendung "Neun vor Zehn" Bildnachrichten so zu wie sie das Publikum sehen möchte. Die Sensation ist wichtiger als die Wahrheit. Ein Videoband mit der vermeintlichen Überführung eines Mörders, welches ihr ein unbekannter Informant zusteckt, stachelt Endos Ehrgeiz an. Durch einen clever platzierten Schnitt erscheint das Lächeln eines Familienvaters als Indiz für einen Mord. Das Leben des Verdächtigen wird ruiniert von seinem eigenen Bild, welches, in einen reisserischen Kontext gefügt, eine eigene Dynamik gewinnt. Nie hätte Endo erwartet, dass sie durch diesen Beitrag selbst immer tiefer in den Sog der Medienwelt gerät und in ihre eigenen reisserischen Montagen verwickelt wird. Als sie nämlich versucht, der Wahrheit nachzugehen, wird sie selbst von der Verfolgerin zur Verfolgten.

Auch die Hauptfigur, die Cutterin Yoko Endo, steht in einem negativen Licht. Scheinbar ohne über die Konsequenzen nachzudenken, schneidet sie ihre Videobändern zu reisserischen Halbwahrheiten. Alles, was zählt, sind die Quoten, der Erfolg. Erklärungen für ihr Verhalten versucht der Regisseur durch die Einflechtung von Endos privater Geschichte zu geben: Weil sie ihre Karriere verfolgen wollte, liess ihr Mann sich scheiden und bat sie, ihren Sohn nicht mehr zu sehen. Doch die Geschichte der jungen Frau lässt den Zuschauer seltsam kalt. Eines Morgens sehen wir sie in ihrer Wohnung beim Betrachten eines Ordners gefüllt mit Zeitungsartikeln, die sich über ihre Skrupellosigkeit entrüsten. Dann schwenkt die Kamera zu einer Auszeichnung für die beste Nachrichtensendung an der Wand. Vielleicht spiegelt sich hier einfach die Widersprüchlichkeit und Zerrissenheit einer japanischen Gesellschaft zwischen den traditionellen Höflichkeitsformen und der modernen, rücksichtslosen Medienwelt, zwischen beruflichem Getriebensein und privater Zurückhaltung.

Der japanische Filmemacher Satoshi Isaka kennt die in "The Frame" portraitierte Medienwelt aus eigener Erfahrung, war er doch vor seiner Regiearbeit beim japanischen Fernsehen tätig und hat bereits in seinem Erstling "Focus" diese Erfahrungen thematisiert. In seinem dritten Spielfilm tut er nun genau das, was er wohl bei seiner Fernsehtätigkeit gelernt hat: er spitzt zu und dramatisiert. Immer wieder schiebt er Videosequenzen ein, die den Zuschauer in die mediengefilterte Welt führen, jene Ebene, die manipulierbar ist. Er zeigt, wie die Medien sich instrumentalisieren lassen, wenn man ihnen eine mögliche Sensation, eine Exklusivität zuwirft - und wie die Menschen, sowohl jene vor als auch jene hinter der Linse, von den Medien manipuliert werden können. Leider bleibt "The Frame" dabei so kühl und distanziert wie die Nachrichtenmeldungen, die uns täglich erreichen, ohne wahre Anteilnahme zu wecken.

22.08.2001

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