Filmkritik
This is not a love song!
Die französische Zensur statuiert mit dem X-Rating ein Exempel. Kritiker zitieren den Lexikoneintrag zu "Pornografie". Weit ausholen lohnt sich nicht: Despentes' und Trinh This Erstling schickt zwei Lustmörderinnen auf eine 77minütige Tour de force zwischen Sexual- und Tötungstrieb. Wer in dieser grausigen Trash-Performance ein Statement sucht, tut besser dran, gleich die Sekundärliteratur zu konsultieren. Oder die positive Kritik von Glauser lesen.
Nadine (Karen Lancaume) ist Gelegenheitscallgirl. Sie wohnt mit einem braven Mädchen zusammen. Dass sie Hardcore-Pornos schaut und sich dabei masturbiert, immer alles Gras wegkifft und überhaupt eine asoziale Schlampe ist, provoziert einen Streit. Nadine erwürgt die Mitbewohnerin, als schalte sie ein Gerät aus, dessen Geräusche ihr auf die Nerven geben.
Manu (Raffaëla Anderson) hat früher in Pornofilmen gespielt. Nun ist sie arbeitslos, treibt sich mit kleinkriminellen Nichtsnutzen herum. Mit einer Junkie-Frau zusammen wird sie von mehreren Männern vergewaltigt und misshandelt. Als ihrem Freund die Sache dämmert, ist er schlicht zu blöd, sein lächerliches Macho-Gehabe für ein paar Augenblicke abzulegen und sie in ihrem Elend aufzufangen. Manu erschiesst ihn und macht sich mit seinem Geld und seiner Waffe davon.
Ausgerechnet diese beiden Frauen begegnen sich auf einem Vorortsbahnhof. Die eine zwingt die andere, sie ans Meer zu chauffieren. Sie freunden sich an. Was folgt ist eine Höllenfahrt durch die Provinz: Ficken und Töten. Und dann Töten und Ficken. Und dann nochmals Ficken und Töten, dann nochmals Töten, undsoweiter.
Was kann uns heute noch schockieren? Mord als Beschäftigung zwischen dem anonymen Fick im Hotel und dem Besäufnis am See? Ficken im Pornostil vor und nach dem Mord? Dann noch ein Besäufnis und ein Mord? Ach ja, ein Massenmord gefällig? Undsoweiter, unreflektiert bis aufs Letzte.
Das einzige Spannungsmoment an "Baise-moi" ist die Hoffnung, welche die Zuschauer hegen könnten, dass der schiere Ekel vor dem Gesehenen irgendwann durch das Auftreten einer als Mensch spürbaren Opferfigur etwas gelindert würde. Doch unseren beiden Mörderschlampen dienen die Männer ausschliesslich als Nutz- und Schlachttiere. Die haben etwas länglich Steifes dran, das frau sich gerne in ihr Loch steckt, und geben prima Zielscheiben ab für ihre in Pistolenschüssen, Tritten ins Gesicht und in die Schamgegend entladenen Ressentiments. Selbst dann, wenn einer einen Namen, eine Adresse, eine Geschichte, ein Bücherregal, vielleicht einen Hund, und ach - eine Seele hat: Mann für Mann wird bestialisch erschossen, zertreten, verstümmelt. Und bloss nicht drüber nachdenken.
Wenn den Filmemacherinnen so viel an Realität liegt, warum haben sie nicht einen Dokumentarfilm zum Thema Ausbeutung in der Pornografie gewagt? Dass die Bildkomposition am ehesten bei der Vergewaltigung an ein Porno-Set erinnert und ausgerechnet dort die Penetration close-up gezeigt wird, könnte als Metapher verstanden werden. Könnte. Für ein Vergewaltigungsopfer aus dem realen Leben muss diese feucht(!)glänzende Schmuddelästhetik wie ein Schlag ins Gesicht wirken. "Baise-moi" ist weder ein nützlicher Beitrag zur Pornodebatte noch einer zur Psychologie des Gewaltverbrechens. Was hier auf das Publikum losgelassen wird, ist ein 77minütiger, Film gewordener Brutal-Porno-Punksong, auf ziemlich schäbigen Instrumenten gespielt. J'y crois pas une seule seconde.
Dein Film-Rating
Kommentare
nlasen bis zum kotzen... eine der ersten x-rated movies die ich im kino geschaut habe... freche trip
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