Filmkritik
Kampf und Leidenschaft
Ken Loach verfilmt den Arbeitskampf, mit dem das vielfach illegal eingereiste Reinigungspersonal 1990 in Los Angeles bessere Löhne und Sozialversicherung erstritt, untermalt von einem Familienkonflikt und der Liebesgeschichte zwischen einer Arbeiterin und einem Gewerkschafter. Der Film ist geprägt von packenden schauspielerischen Leistungen und spürbarem Engagement – und hinterlässt trotzdem gemischte Gefühle.
Im Zentrum der Handlung steht Maya. Gleich in der ersten Szene gewinnt sie das Herz des Publikums, wenn sie sich mit List und Tücke aus den Händen der Menschenschmuggler befreit, die sie von Mexiko nach Los Angeles gebracht haben. Damit stellt sich die Zuversicht ein, dass diese Frau sich mit ihrem Mut und ihrer Geistesgegenwart aus jeder Situation retten wird. Bald erweist sie sich darüber hinaus als Mensch von hoher moralischer Integrität. Ihr Handeln scheint in erster Linie bestimmt von Solidarität mit ihren Kolleginnen und Kollegen. Daneben wirkt die sich anbahnende Liebesbeziehung zum Gewerkschafter Sam eher als Alibiübung zu Entertainment-Zwecken.
Fesselndes Spiel
Soviel Mitgefühl und solidarisches Handeln wäre bald einmal zuviel des Guten, wäre da nicht die mexikanische Schauspielerin Pilar Padilla, die der Figur mit ihrer Leidenschaft Glaubwürdigkeit verleiht. Genau so überzeugend verkörpert Elpidia Carrillo Mayas Schwester Rosa; Mutter von zwei Kindern, verheiratet mit einem arbeitslosen Diabetiker. Für sie steht mehr auf dem Spiel als für ihre Schwester. Entsprechend entschlossen verteidigt sie ihre teuer erkaufte, relative Sicherheit. Ein Streit zwischen den beiden Frauen ist der eindeutige Höhepunkt des Filmes. Adrien Brody als Gewerkschafter Sam hat die Aufgabe, die ArbeiterInnen zum Kampf zu motivieren; auch ihm nimmt man den etwas schnoddrigen Agitator mit dem Hang zu unorthodoxen Methoden durchaus ab.
Reales Vorbild
Pilar Padilla, die bisher in Mexiko auf der Bühne stand, büffelte für diesen Film Englisch, Adrien Brody lernte Gewerkschaftskampagnen zu organisieren – die Filmemacher legten Wert auf Authentizität. Auch griffen sie auf den realen Kampf des Reinigungspersonals zurück, das in Los Angeles 1990 unter aussichtslos erscheinenden Bedingungen einen David-gegen-Goliath-Sieg gegen seine Arbeitgeber erkämpfte.
Geteilte Bewunderung
Das vielleicht Spannendste an dem Film ist nicht sein Inhalt, sondern die zwiespältigen Reaktionen, die er hervorruft. Da sind einerseits dieses unbestreitbare Engagement und die schauspielerischen Leistungen. Da ist auch ein hoher Unterhaltungswert (die Parallelschaltung von politischem Anliegen und Liebesgeschichte erreicht ihr Ziel). Und doch klingen in der Diskussion Wörter wie "Sozialkitsch" an, die im gleichen Moment halbherzig widerrufen werden.
Woher die zynischen Bemerkungen und der Wunsch, sie, kaum ausgesprochen, zurückzunehmen? Bereits bei seinem vorletzten Spielfilm, "Carla's Song", wurde Loach vorgeworfen, er habe sich zu weit von seinen heimatlichen britischen Gefilden entfernt, weshalb der Film blutleer geworden sei. Tatsächlich wirkt auch die Umgebung in "Bread and Roses" zum Teil beliebig – aber wie auch nicht? Die Männer und Frauen sind vorwiegend mit ihrer Arbeit, und damit in anonymen Bürotürmen beschäftigt, denen wenig lokalspezifisches Ambiente anhaftet. Ist es der mustergültige Ablauf der Geschichte? Die Figuren, deren allzu durchsichtiger Zweck es ist, die Sympathie des Publikums zu gewinnen und zu halten? Oder ist es ein Unwille, sich durch sozialkritische Anliegen unterhalten zu lassen? Dass alle diese Fragen offen bleiben, ist vielleicht die eigentliche Qualität des Films.
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