Duell - Enemy at the Gates Deutschland, Irland, Grossbritannien, USA 2000 – 131min.

Filmkritik

Enemy at the Gates

Filmkritik: Nathalie Jancso

Mit Jude Law, Joseph Fiennes und Rachel Weisz schickt der französische Regisseur Jean-Jacques Annaux ("Der Bär", "Seven Years in Tibet") in seinem neuesten Film eine Schar illustrer Jungstars in den Krieg. Die bis anhin teuerste europäische Produktion schildert das (auf wahren Begebenheiten basierende) Schicksal einer Hand voll Russen und Deutscher während der Schlacht um Stalingrad. An der Berlinale war Premiere, und der Film wurde vom Publikum ausgebuht und von den Medien verrissen. Zu recht?

Jean-Jacques Annaud hat schon immer gerne starken Bildern den Vorrang über eine gute Story und interessante Figuren gegeben. Die Anfangssequenz von "Enemy at the Gates", die uns in rasantem Tempo über das Schlachtfeld führt, ist in ihrer Bildgewalt auch wirklich beeindruckend: Sie zeigt die Ankunft des jungen russischen Soldaten Vassili Zaitsev (Jude Law) in der bereits völlig zerstörten Stadt, deren Schicksal ausschlaggebend für den Ausgang des 2. Weltkriegs sein sollte. Als talentierter Scharfschütze wird Vassili bald von Polit-Offizier Danilov (Joseph Fiennes) entdeckt, gefördert und zu propagandistischen Zwecken zum Helden hochstilisiert, der die Deutschen mit der Geduld eines Jägers um ihre besten Männer bringt. Zwischen den beiden entsteht eine Freundschaft, die jedoch bald dadurch getrübt wird, dass sich beide in die tapfere Soldatin Tanja (Rachel Weisz) verlieben. Währenddessen schickt die deutsche Wehrmacht ihren besten Scharfschützen, den adligen Major König (Ed Harris), aufs Schlachtfeld, um Vassili zur Strecke zu bringen. Es beginnt ein Zweikampf auf Leben und Tod.

Der Film sollte die ganze Spannung aus dem Aufeinandertreffen der beiden Schützen beziehen. Doch Annaud schafft ein Vakuum, das dies verunmöglicht: Der Krieg tritt in den Hintergrund, wird zur blossen Folie, auf der das sinnlose Duell zwischen dem Russen und dem Deutschen ausgetragen wird. Nach anfänglicher Überzeugung, seinem Volk als Held zu nützen, hinterfragt Vassili zwar seine propagandistische Vorzeigefunktion. Doch er macht auf Drängen Danilovs weiter, und als ihm mit Major König endlich ein ebenbürtiger Gegner gegenübersteht, findet er auch seine Motivation wieder. Was diese genau ausmacht, abgesehen von seinem Jagdtrieb (er machte als Junge Jagd auf Wölfe im Ural), wird nie ganz klar. Erst ganz am Schluss rechtfertigt eine bestialische Tat des Majors eine Art Rachefeldzug Vassilis. Das einzige Ziel, der Showdown, wirkt erzwungen.

Die Duell-Szenen sind teilweise in sich nicht ganz ohne Dramatik. Doch für einen mehr als zweistündigen Kriegsfilm ist das schlicht zu wenig. Die allzu voraussehbare Dreiecksgeschichte zeigt Annauds Unfähigkeit, überzeugende Figuren zu schaffen und Rollen richtig zu besetzen. Joseph Fiennes, der hinreissende Charmeur aus "Shakespeare in Love", ist als Politfunktionär eine blosse Karikatur des nach oben kuschenden und nach unten Schläge austeilenden Bürokraten. Jude Law ("The Talented Mr Ripley") – zwar gebührend verdreckt , mit Bartstoppeln und schlecht sitzender Uniform – wirkt ganz einfach zu kultiviert und schön, um in der Rolle des einfachen Bauern zu bestehen. Auch ihr distinguiertes British English verhilft diesen "Russen" nicht gerade zu mehr Authentizität. Bleibt einzig die kühle Intensität von Ed Harris' Major König als schwacher Trost für ein Cast, das sich so vielversprechend anhört, aber kläglich in Annauds Kriegsgetöse untergeht. Die Buhrufe an der Berlinale waren leider gerechtfertigt.

23.10.2023

2

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Kommentare

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FutileTheory

vor 10 Jahren

Grossartiger Film... ist auch nicht wirklich ein Kriegsfilm im klassischen Sinne. Es geht um ein Katz- und Mausspiel zweier Scharfschützen in Stalingrad. Und das ist phantastisch gemacht. Wenn Ed Harris mit seinen stahlblauen Augen und seinem kantigen Gesicht durch das Visier blinzelt, hält auch der Zuschauer den Atem an.Mehr anzeigen


movie world filip

vor 13 Jahren

okay kriegsfilm... stilvoll, spannend aber irgendwie auch langweilig


Gelöschter Nutzer

vor 14 Jahren

Da ist Licht und Schatten. Die Bilder sind beeindruckend und die Pyrotechniker leisten ganze Arbeit. Man sieht viel Prominenz, auch ungewöhnlich viele deutsche Schauspieler. Und alle geben ihr Bestes. Mehr gibt das Drehbuch nun mal nicht her trotz zusätzlich eingestreuter jüdischer Familientupfer. Die unterlegten Choralgesänge und die Blechmusik stören etwas. Ob das Duell wirklich stattgefunden hat, ist irrelevant. Eine andere Frage ist, ob man das Massensterben von vielen Hunderttausenden auf ein Duell von zwei Männern (Ed Harris und Jude Law) reduzieren soll. Und der Ort der Handlung ist nun mal Stalingrad - auch wenn er nicht im Titel auftaucht. An sich könnte das Duell auch irgendwo anders stattfinden: in Irland, Spanien oder Kuba, aber auch da müsste jeweils das Ambiente stimmen. Aber die Krone des Zugeständnisses an den Mainstream ist das Happy End. So eine Wiederauferstehung hat es zuletzt vor 2000 Jahren gegeben. An die muss man aber glauben, hier wird’s Edelkitsch.Mehr anzeigen


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