Les autres filles Frankreich 2000 – 95min.

Filmkritik

Pubertäre Selbstfindung

Filmkritik: Pascal Lüthi

16 Jahre alt und noch keinen Sex. Sieht man es Solange an, dass sie noch nie mit einem Jungen geschlafen hat? Ist sie nicht gleich wie die anderen Mädchen? Mit ihrem Regiedebüt präsentiert Caroline Vignal einen Film über ein verunsichertes und naives, junges Mädchen, das auf der Suche nach dem ersten Mal und sich selbst ist.

Solange ist ein junges, natürliches Mädchen. Sie besucht die Berufsschule für Friseurinnen in einem kleinen Städtchen in der Region Toulouse und liebt es, anderen Leuten die Haare zu schneiden. Doch sie entspricht nicht gerade den üblichen Vorstellungen einer Friseurin. Auch hat sie in keiner Weise etwas Ausgefallenes an sich. Und besonders in einem Punkt ist ihr klar, dass sie nicht gleich ist wie ihre Lehrlingskolleginnen: Sie hat noch nie mit einem Jungen geschlafen. Diese Tatsache beeinträchtigt ihr Teenagerleben, vielmehr beherrscht es. Auf dem Mauerblümchen lastet ein grosser Druck von allen Seiten: Zu Hause droht die Beziehung der Eltern auseinander zu brechen, Solange muss dauernd als Babysitterin für ihre Mutter einspringen und in der Berufsschule scheinen ihr ihre Kolleginnen nicht nur sexuell einen Schritt voraus zu sein. Ihre Bezugsperson Gary hat einen festen Freund und lebt von ihren Eltern getrennt in einer kleinen Pension. Die türkische Lehrtochter aus ihrer Klasse ist drauf und dran in Kürze verheiratet zu werden.

Das Drehbuch zu "Les autres filles" verfasste Caroline Vignal als Abschlussprojekt für die Filmschule in Paris. Sie behandelt das allgegenwärtige Thema Sex auf eine aussergewöhnliche Art: Sex dient ihr nicht als Vehikel für Situationskomik, wie es in "There's Something about Mary" der Farrelly-Brüder oder in der deutschen Komödie "Mädchen, Mädchen" der Fall war. Bei ihrem Kinodebüt erscheint das 'erste Mal' als Last, derer man sich so schnell wie möglich entledigen will. Die Geschichte, aus der Perspektive der Hauptfigur erzählt, ermöglicht der Regisseurin das naive Mädchen und den Druck, der auf ihr lastet, dem Zuschauer nahe zu bringen.

In dieser Naivität liegt aber auch eine der Schwächen des Films. Solange ist die Naivität in Person. Die Unsicherheit und das Unwissen gipfeln in einem Live-Telefongespräch in der lokalen 'Dr.Sommer-Radiosendung'. Als Zuschauer fühlt man sich mit zunehmender Spieldauer immer mehr durch diesen Umstand gestört. Zudem wirkt sich auch die apathische Art, wie Solange mit den beiden Männerbekanntschaften in der zweiten Filmhälfte umgeht, negativ auf die Aussage des Films aus. Man kann sich kaum vorstellen, dass ein unerfahrenes Mädchen wie Solange so unvorsichtig handelt.

Während die erste Hälfte locker und überzeugend inszeniert ist, weist die zweite Hälfte einige Längen auf. Es wird einem zwar klar, was Vignal mit ihrem Werk aussagen will, doch wird man das Gefühl nicht los, dass die Hauptfigur mit ihrer teilnahmslosen Art nicht einem jungen Mädchen des 21. Jahrhunderts entspricht.

07.06.2021

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