Filmkritik
Suzhou River - Suzhou he
Der junge chinesische Regisseur Lou Ye fischt im Trüben des altehrwürdigen Suzhou-Kanals, der sich durch Shanghais Vorstadt zieht. Dabei holt er vor seine Kamera nicht nur den Schmutz der Grossstadt, sondern auch deren Wasserleichen mit ihren ungestillten Leidenschaften. Seine raffiniert erzählte Liebesgeschichte aus der Shanghaier Halbwelt gewann die Hauptpreise an den Filmfestspielen von Paris und Rotterdam.
Grau ist der Himmel über Shanghai und trüb das Wasser des alten Suzhou-Kanals; zwielichtig auch die Geschäfte, die seit Kaisers Zeiten an seinen Ufern gemacht werden. Man verkauft was man hat, schlägt sich durch wie man kann. Die einen verkaufen ihren Körper, die anderen erledigen kleine Botengänge in der Unterwelt, und einer schmuggelt Wodka und wird sogar reich dabei, denn Wodka saufen sie alle, guten polnischen Wodka mit dem Büffelgras...
Mada, der Motorradkurier, ist zuverlässig und verschwiegen. Eines Tages bekommt er einen ganz besonderen Auftrag. Die "Ware", die er transportieren soll, entpuppt sich als das liebreizende Töchterchen des alten, versoffenen Wodka-Schmugglers. Von da an kutschiert er sie regelmässig durch Shanghai. Mit ihrer ungetrübten Lebensfreude bringt sie Licht in seinen glanzlosen Alltag, Lachen auf sein ungerührtes Gesicht. Bald verlieben sich die beiden, doch das Glück währt nicht lange, denn am Suzhou-Kanal zählt erst die Pinunze und dann die Romanze: Mada lässt sich von einem Gaunerpärchen dazu herumkriegen, die kleine Mudan zu verstecken, um von ihrem Vater Geld zu erpressen. Als Mudan merkt, was gespielt wird, stürzt sie sich - eine Spielzeug-Meerjungfer umklammernd - ins Wasser des Suzhou-Kanals und bleibt verschollen.
Jahre später kommt Mada wieder aus dem Gefängnis, doch seine Mudan geht ihm immer noch nicht aus dem Sinn. Auf der Suche nach ihr durchstreift er unermüdlich die Stadt, bis sie eines Tages wieder als blond perückierte Meerjungfer namens Meimei vor ihm auftaucht. Mada steigt ihr nach und versucht auf sie einzureden, ihre Erinnerung zu wecken, doch Meimei zeigt ihm die kalte Schulter und lässt ihn rausschmeissen. Abend für Abend sucht er sie auf und erzählt immer wieder von neuem seine Liebesgeschichte, bis seine unerschütterliche Treuherzigkeit schliesslich ans Herz der schnöden Schönen rührt...
Die Geschichte wird aus der Perspektive von Meimeis ausgespanntem Liebhaber erzählt. Seine melancholische Stimme geleitet den Zuschauer durch die schäbigen Kulissen Shanghais und entfaltet vor diesem grauen Hintergrund die emotional geladene Handlung. Diesem Stimmungskontrast entspricht die Zerrissenheit der Hauptpersonen zwischen Liebe und Gleichgültigkeit, zwischen Leidenschaft und Abgebrühtheit, die sich als Grundintervall durch den ganzen Film zieht.
Diese Spannung, die den eigentlichen Reiz des Films ausmacht, verdichtet sich in der schmollmündigen Hauptdarstellerin Zhou Xun. Ihr gelingt das Kunststück, sowohl Mudan, den naiven, lebensfrohen Teenager, wie auch Meimei, die abgebrühte, aber sich immer noch nach Liebe sehnende Lolita, glaubhaft zu verkörpern. Nicht umsonst gewann sie in Paris den Preis für die beste weibliche Darstellerin.
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