Wes Craven's Dracula USA 2000 – 99min.
Filmkritik
Dracula auf Besuch im Virgin Megastore
Er ist einfach nicht totzukriegen: Graf Dracula erweist der grossen Leinwand wieder einmal die Ehre. Diesmal in einer Produktion aus dem Hause des "Scream"-Machers Wes Craven. Und wenn Craven seine Hände im Spiel hat, dann wird der Horror zum unterhaltsamen Hochglanz-Gruselspass.
"Was sich lohnt, in einen Tresor geschlossen zu werden, das lohnt es sich auch zu klauen", sagen die bis auf die Zähne mit Hightech-Werkzeug ausgerüsteten Einbrecher, die sich ahnungslos einen Weg in den Tresorraum eines gewissen Abraham Van Helsing bahnen. Ihr Look erinnert an "Matrix", ihr Vorgehen an "Mission Impossible", doch gleich werden sie Dracula zum Opfer fallen.
"Wes Craven's Dracula" wird der Ur-Vampir im Filmtitel genannt. Doch das entspricht nicht ganz der Wahrheit. Der Vater von "Scream" und Pizzaface Freddy Krueger hat diesmal nur als Produzent Pate gestanden. Wiedererweckt hat die wohl berühmteste Horrorfigur der Filmgeschichte einer seiner Schüler. Und Patrick Lussier hat während der Lektionen seines Meisters gut aufgepasst: Seine Regiearbeit balanciert auf verwegene Weise zwischen Hochglanz-Specialeffects und B-Movie-Trash; seine Story paart den Grusel mit einer gehörigen Portion Humor und ergänzt die altbekannte Geschichte von Bram Stoker mit überraschend neuen Aspekten.Altbekannt ist zum Beispiel die Figur des Vampirjägers Van Helsing (Christopher Plummer aus "The Insider" mit köstlich übertriebenem Akzent), der sich selbst bis in alle Ewigkeit zum Wächter des nicht totzukriegenden Graf Dracula ernannt hat. Indem er sich das Blut des sorgsam Weggesperrten injiziert, verschafft er sich die dazu nötige Unsterblichkeit. Mit diesem Blut in seinen Venen hat Van Helsing in einem schwachen Moment eine Tochter namens Mary (Justine Waddell, "Manfield Park") gezeugt. Und der nun befreite Graf Dracula macht sich sogleich auf die Suche nach der verwandten Seele. Auf dieser Suche beisst und saugt er sich eine neue Gefolgschaft zusammen, dass Van Helsing und sein Assistent Simon (Jonny Lee Miller, "Trainspotting") mit dem pflöcken, pfählen und köpfen kaum nachkommen. Natürlich fallen dem Vampir - ganz in Wes Cravens Tradition - ein paar hübsche Teens und Serienstarlets zum Opfer. Da wäre zum Beispiel der Liebling aller Trekkies Jeri Ryan, alias Seven of Nine.
Doch das Blut fliesst für einen Horrorfilm erfreulich spärlich. Wichtiger als wahllos aneinander gereihte Schockeffekte war Lussier das Spiel mit dem Mysterium Dracula. "Wieso lässt sich dieser mittels christlicher Symbole in seine Schranken weisen?" fragte er sich. Und fand eine überraschende und originelle Antwort, gewagt weit von der Bram-Stoker-Version entfernt, tief in den Mythen des Christentums. Der weitgehend unbekannte Gerard Butler als Dracula bietet dazu die ideale Projektionsfläche. Seine Ausstrahlung verbindet die Erotik der unsterblichen Sagengestalt mit der kindlichen Freude am Bösen. Eine kindliche Freude, die typisch für Wes Craven und seine Gefolgschaft ist. Immer wieder entlädt sich die Spannung in Dialogwitz oder unerwarteter Situationskomik. So findet der finstere Geselle seine Mary ausgerechnet in einem Virgin Megastore. Zugegeben, die Plattenladen-Kette ist in diesem Film geradezu penetrant präsent, und das nicht immer so passend wie in dieser Szene. Und wer sucht, der findet auch an dieser Story ein paar Haken. Doch "Wes Craven's Dracula" bietet eine glänzend unterhaltende und originell entstaubte Version des alten Mythos - sozusagen mit frisch geputzten und geschärften Beisserchen.
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