Black Box BRD Deutschland 2001 – 107min.

Filmkritik

Black Box BRD: Zwei Biographien - ein Staat

Filmkritik: Senta van de Weetering

Als Alfred Herrhausen 1989 durch eine Autobombe getötet wurde, war er Vorstandssprecher der Deutschen Bank und einer der mächtigsten Männer Deutschlands. Wolfgang Grams starb 1993 durch einen Schuss in den Hinterkopf, als die Polizei versuchte, das RAF-Mitglied zu verhaften. "Selbstmord" hiess die offizielle Erklärung. Möglicherweise war Grams am Attentat auf Herrhausen beteiligt gewesen. Andres Veiel entfaltet in seinem Dokumentarfilm "Black Box BRD" anhand der unterschiedlichen Biografien ein Bild der BRD.

In den letzten zwanzig Jahren, in denen die Bundesrepublik Deutschland existierte, hingen auf allen Postämtern Fahndungsplakate mit den schwarzweissen Bildern von Mitgliedern der Roten Armee Fraktion.

Durch Attentate ermordete Machthaber, aber auch ungeklärte Todesfälle und Selbstmorde auf Seiten der RAF-Mitglieder vergifteten das politische Klima in Deutschland seit der Gründung der Roten Armee Fraktion 1970, die mit bewaffnetem Widerstand gegen jegliche kapitalistische Ausbeutung antrat. Bereits sieben Jahre später waren die bekanntesten Protagonisten der ersten RAF-Generation tot, doch fanden sich Nachfolgerinnen und Nachfolger. In der dritten Generation gehörte zu ihnen Wolfgang Grams. Er war Sohn von deutschen Auswanderern aus dem Osten, die um das bisschen Wohlstand froh waren, das sie sich in der neuen Heimat angesammelt hatten. In den sechziger Jahren fand Grams Kontakt zur militanten Linken, der er, anders als die meisten seiner Kollegen, die Treue hielt. 1984 tauchte er ab.

Gesucht: BRD

Andres Veiel begibt sich mit seinem Film auf Spurensuche. Das Suchobjekt heisst jedoch nicht "RAF", sondern "Black Box BRD". Die Biografien von Grams und seinen Freunden, die im Film zu Wort kommen, die Grams jedoch nicht bis zum äussersten gefolgt sind, zeigen die Seite der in die BRD hineingeborenen auf.

Alfred Herrhausen hingegen steht für die Schöpfer des Wirtschaftswunderstaates. Aus einfachem Elternhaus, zu Fleiss und Strebsamkeit erzogen, besuchte er eine NSDAP-Eliteschule. Nach dem Krieg begann er ziemlich bald eine steile Karriere. Als er 1989 einem Attentat zum Opfer fiel, war er Vorstandssprecher der Deutschen Bank und einer der mächtigsten Männer der BRD - eine symbolträchtige Figur, "der Herr des Geldes", wie eine Spiegel-Schlagzeile ihn nannte. Gleichzeitig allerdings war er innerhalb der Deutschen Bank einer, der auch unorthodoxe Gedanken einbrachte. So redete er als erster von Entschuldung der dritten Welt - ohne sie allerdings durchzusetzen.

Für die Generation der RAF-Aktivistinnen und Aktivisten gehörte Herrhausen zu den Tätern, zu denen, welche Reichtum aus der weltweiten Ausbeutung schöpften. Durch seine Ermordung jedoch bleibt er als Opfer in Erinnerung. Dass Veiel die Leben der beiden im gleichen Film aufrollt, macht die Stärke des Films aus.

18.05.2021

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