Filmkritik
Haar ist nicht gleich Haar
Der Film hat, so könnte man meinen, alles, was es zum Erfolg braucht: Liebesverstrickungen, ein Familiendrama, Leidenschaft, reizende Nebenfiguren, ein fotogenes Thema und zuletzt, damit der nötige Tiefgang nicht fehle, ist eine der Protagonistinnen krebskrank. Und so entsteht trotz hervorragender SchauspielerInnen aus dem Film um den britischen Frisier-Wettbewerb aufs Ganze gesehen ein Rührstück. Im Detail allerdings zeigt sich ein Einfallsreichtum und eine sorgfältige Ausarbeitung, die darüber zum Teil hinwegtrösten kann.
In der britischen Kleinstadt Keighley ist vor allem der Bürgermeister begeistert, als die Stadt zum Austragungsort des nationalen Frisier-Wettbewerbs erkoren wird. Das Interesse der Bevölkerung hält sich in Grenzen, und selbst die einheimischen Friseure können sich nicht zur Teilnahme entschliessen, zu kompliziert sind ihre persönlichen Verhältnisse: Vor Jahren waren Phil Allen (Alan Rickman) und Shelley (Natasha Richardson) ein erfolgreiches Stylistenpaar. Bis Shelley mit dem Modell Sandra (Rachel Griffiths) am Tag des Wettkampfes durchbrannte. Seither führen die beiden getrennte Salons und sprechen nicht mehr mit einander. Der gemeinsame Sohn (Josh Hartnett) arbeitet im Salon des Vaters und weicht der Mutter aus. Dass Shelley Krebs hat, weiss ausser Sandra niemand. Dass ihr letzter Befund hoffnungslos ist, verschweigt sie auch ihrer Partnerin. Trotzdem bringt sie die Überzeugungskraft auf, die Familie zu einer gemeinsamen Teilnahme zu bewegen. Damit beginnen die Turbulenzen.
Erfolgsrechnung
Man sieht den Drehbuchautor Simon Beaufoy (verantwortlich für den Grosserfolg "The Full Monty") förmlich vor sich, wie er die Geschichte konstruiert. Neben der politisch korrekten Lesbenbeziehung und der Krebserkrankung gehören dazu rührende Szenen zwischen den Familienmitgliedern, eine sich anbahnende Liebesbeziehung in der jüngeren Generation sowie eine moralbeladene Entscheidung zwischen Familien- und Liebesbanden. Für Spannung sorgen betrügerische Konkurrenten und der Running Gag, dass vor jeder Wettbewerbsdisziplin das Familienmitglied, das sie ausführt, zuerst einmal die Teilnahme fast verweigert.
Der allzu durchschaubaren Konstruktion steht allerdings eine Fülle von Details gegenüber, die einen schon fast damit versöhnen, dass die ganze Zeit über klar ist, wer den Wettbewerb gewinnen wird: So zum Beispiel eine Haarfärbe-Lektion im Leichenschauhaus, zunehmend ausgelebte Entertainer-Träume des Bürgermeisters oder eine unorthodoxe Anwendung der Färbekünste.
Sie müssen sich zuerst einloggen um Kommentare zu verfassen.
Login & Registrierung