Filmkritik
Berliner Ganoven
Ben Becker ("Comedian Harmonists") und Jürgen Vogel ("Zornige Küsse") spielen Franz und Erich Sass, das berühmt berüchtigte Einbrecherduo, das Berlin in den Zwanzigerjahren des vorigen Jahrhunderts unsicher machte. Im Genreeintopf aus Ganovenfilm, Biographie und Komödie ergaunern sie sich Millionen und avancieren zu einer paradoxen Art von Volkshelden.
Die Gebrüder Sass lebten in Berlin und wurden in den "Goldenen Zwanzigern" durch ihre genial durchgeplanten Einbrüche bekannt. Die beiden Ganoven waren Meister der Planung - bis ins letzte Detail waren ihre Coups jeweils durchdacht. Wie so oft mussten jedoch auch sie die Erfahrung machen, dass zwischen Theorie und Praxis ein grosser Unterschied besteht, wenn einem das nötige Glück nicht hold ist. Und Glück hatten sie wahrlich nicht viel. So wurden ihre Brüche meist noch während der Ausführung von einer standhaften Tresortür oder von aufmerksamen Zeugen verhindert. Nichtsdestotrotz waren sie in ihrer Perfektion kaum zu übertreffen, so dass die Polizei ihnen nie etwas schwerwiegendes zur Last legen konnte. Im Januar 1929 - nach wochenlanger Planung - gelang ihnen schliesslich ihr grösster Coup, bei welchem sie ein Millionenvermögen ergatterten.
Dieses historische Ereignis nimmt Carlo Rola (der Hausregisseur der ZDF-Krimiserie "Rosa Roth" mit Iris Berben in der Hauptrolle) als Ausgangspunkt für seine gelungene, pseudobiographische Geschichte. Piekfein gekleidet sitzen die beiden Ganoven im Gerichtssaal, in welchem ihnen gerade der Prozess gemacht wird. Spitzbübisch beobachten sie die ganze Szenerie, als ob ihnen niemand was anhaben könnte. Aus dem Gerichtssaal schweift der Blick einige Jahre zurück, um der unglaublichen Laufbahn der Gebrüder Sass auf die Schliche zu kommen. Die Geschichte, die folgt, ist aufwendig produziertes, deutsches Unterhaltungskino. Die Schauplätze sind mit einer Liebe fürs Detail ausgestattet und Jürgen Vogel als etwas naiver, aber technisch begabter Erich und Ben Becker als sein älterer Bruder Franz verleihen ihren Figuren einen Charme, der gefällt. Die abgesehen von ein paar Eckpfeilern frei erfundene Story wird stets mit einem Augenzwinkern erzählt. Manchmal fühlt man sich durch die Tollpatschigkeit der Brüder sogar an die dänische Olsen-Bande aus den 70ern erinnert.
Was die angenehm lockere Atmosphäre, die durch das Schauspiel und die gradlinig erzählte Story entsteht, jeweils stört, sind die vereinzelt recht gewalttätigen szenischen Ausrutscher. Zudem nimmt man den Brüdern ihre Kaltschnäuzigkeit und Abgebrühtheit nicht so recht ab. Immerhin berauben sie bei ihrem grössten und letzten Bruch indirekt die NSDAP. Durch die Einflechtung der Nazi-Thematik bekommt die Handlung am Ende einen eher ernsten und tragischen Anstrich. Dies stört insofern, als bis dahin süffige Unterhaltung im Vordergrund steht.
Der MTV-Generation wird in dieser poppigen Produktion ein Gesicht besonders bekannt vorkommen, VJane Sophie Rosentreter (auch Moderatorin der ersten Big Brother-Staffel auf RTL) feiert mit "Sass" ihr freizügiges Kinodebüt.
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