Vanilla Sky USA 2001 – 136min.
Filmkritik
Alpträume eines Yuppies
Tom Cruise produziert mit Regisseur Cameron Crowe ein Remake des spanischen Thrillers "Abre los ojos". Das Puzzle aus Realität, Traum und Vorstellung ist anfangs verwirrend und komplex, beraubt sich aber zum Schluss selbst seiner Wirkung.
Fast so verschlungen wie der Erzählstrang von "Vanilla Sky" sind die Beziehungen der Filmemacher. Klatschfaktor: hoch. Der Streifen entstand auf Initiative von Tom Cruise, der gleich selbst produzierte und Cameron Crowe ("Almost Famous") mit der Regieführung beauftragte. Dieses Gespann führte 1997 schon "Jerry Maguire" zu Erfolg und Oscarnominationen. Als Vorlage diente Cruise der spanische Film "Abre los ojos" von Alejandro Amenábar mit Penelope Cruz in einer Hauptrolle. Denselben Part übernimmt die Spanierin auch im Remake, was schätzungsweise zur Scheidung von Cruise und Nicole Kidman führte. Diese lenkte sich gleichzeitig durch ihre Rolle in Amenábars "The Others" ab.
"Vanilla Sky" transportiert die Geschichte von "Abre los ojos" nach Manhattan, wo David Aames (Tom Cruise) als Sprössling eines verstorbenen Verlagsmoguls das anstrengende Leben eines reichen schönen Yuppies geniesst. Die Frauen liegen ihm zu Füssen, Geld spielt keine Rolle und Steven Spielberg verkehrt an seinen Parties. Die grössten Sorgen scheinen David die ersten grauen Haare zu bescheren, die sorgfältig mit der Pinzette ausgezupft werden müssen.
In seinen eigenen Worten ausgedrückt: Aames "lebt den Traum". Vielleicht treffen diese Worte den Punkt aber genauer, als er wahrhaben will, denn schon bald ist in diesem Film nichts mehr, wie es scheint. Fröhlich springt die Geschichte vorwärts, rückwärts und zwischen verschiedenen Realitätsebenen hin und her und wirft immer mehr Fragen auf. Ist Aames ein Mörder? Leidet er an Wahnvorstellungen? Und warum verbirgt er sein plötzlich sein Gesicht hinter einer Maske? Crowe füttert immer nur einzelne Häppchen, zeigt Mosaiksteinchen, die am Anfang keinen Zusammenhang haben wollen.
Nur soviel wird klar: Davids Leben nimmt eine entscheidende Wende, als er nach zahllosen flüchtigen Affären Sofia (Penelope Cruz) kennenlernt, auf die dummerweise sein Freund Brian (Jason Lee) ein Auge geworfen hat. Unglücklich über diese Konstellation ist auch David's Geliebte Julie (Cameron Diaz), die mehr sein will als nur eine Bettgespielin. Aus Enttäuschung provoziert sie einen Autounfall mit verheerenden Folgen für Aames.
Crowe versucht zu verwirren und ein Geheimnis aufzubauen, doch gleichzeitig bleibt er kopflastig. Das Mysterium will den Weg vom Gehirn ins Rückenmark nicht finden und berührt so letzlich nur oberflächlich. Alejandro Amenábar scheint den besseren Draht zum Unterschwelligen zu haben, wie er in "The Others" beweist. Und während Crowe den Film als Puzzle aufbaut, traut er sich bis zum Schluss nicht, unklar zu bleiben, wie es David Lynch oder David Cronenberg wagen. "Vanilla Sky" wird in einer Erklärung aufgelöst, die leider zu viel zusammenfügt und zu wenig Fragen offenlässt, um das Versteckspiel wirklich zu rechtfertigen.
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Kommentare
Das Drehbuch spielt mit den Erwartungen der Zuschauer, indem es ständig zwischen den Zeitebenen und Realitäten hin und her wechselt. Eine Hilfe dabei ist das Gesicht des Helden: wenn David (Tom Cruise) gut aussieht sind wir in der Vergangenheit, hat er ein entstelltes Gesicht, sind wir im Hier und Jetzt.
Hinzu kommt, dass er zwischen zwei Frauen hin und her pendelt: Julie (Cameron Diaz) seine ‘alte Flamme‘ und Sophie (Penelope Cruz), seine Neueroberung.
Einen Autounfall, bei dem Julie stirbt, überlebt David nur heftig entstellt lebt fortan mit Gesichtsprothese. Er will Julie umbringen, tötet aber Sophie. Jetzt geht das Bäumchen-Wechsel-Dich Spielchen erst richtig los. Julie mutiert mal zum Geist, mal zur Stalkerin, Sophie verschwindet. Er muss sich aber auch auf den Mädels abarbeiten. Drum lässt sich David einfrieren in einem Verfahren, das man Kryonik nennt. Die Option, die ihm Tilda Swinton später in ihrem Cameo bietet, ist, erneuter Suizid oder weiterhin als lebender Toter zu existieren. Da macht David doch glatt ersteres.
Die langen Dialoge zwischen David und dem Psychiater Dr. McCabe (Kurt Russell) helfen ebenso wenig weiter wie das Gespräch zwischen ihm und dem Chirurgen. Da kann man sich dann schon eher an den Postern an der Wand festhalten: z.B. ‘Außer Atem‘ oder ‘Jules und Jim‘ oder wenn Bob Dylan oder die Beach Boys dazu singen. Und was der von Paul McCartney entlehnte Titel mit dem Film zu tun hat, bleibt wohl das Geheimnis von Regisseur Cameron Crowe. Klingt aber gut, oder? Wäre noch der Mut von Tom Cruise zur Hässlichkeit zu erwähnen, als Kontrast zu den vielen Schönheiten um ihn herum.
Unterm Strich bleibt ein kompliziertes Verwirrspiel ohne Lösung. Da gibt es nichts zu verstehen. Staunen und sich wundern reicht.… Mehr anzeigen
Ein hinreissender, intelligenter Film! Einer der besseren, die Cruise gemacht hat
Gelöschter Nutzer
Verfasst vor 12 Jahren
Im Gegensatz zu einigen Scripts vor noch ein paar Jahren und heute eher mehr unrealistisch oder oberflächlich. Einer, der besseren Cruise
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