Filmkritik
Kreative Diven
Die fünf Künstlerinnen, die Andrea Staka in "Yugodivas“ portraitiert, leben in New York. Aufgewachsen sind die Serbinnen in einem Land, das es heute so nicht mehr gibt, das sie vor 1991 freiwillig verlassen haben. Wenn sie darüber reden, so fühlen sie sich offensichtlich unsicher. Entstanden ist deshalb ein Dokumentarfilm, der dort am spannendsten ist, wo er an seinem Thema vorbeizielt.
Andrea Staka ist als Tochter bosnisch-kroatischer Eltern in der Schweiz aufgewachsen. Mit ihrem Portrait der fünf Serbinnen will sie der Flut der Medienberichte persönliche Erinnerungen gegenüberstellen, um ein anderes Bild von Yugoslawien zu zeichnen. Dabei stösst sie auf eine Schwierigkeit: Die Frauen reden offensichtlich gerne über ihre Arbeit, fühlen sich aber unbehaglich, wenn sie über ihre Heimat reden sollen; immer wieder wird dabei Unsicherheit spürbar, ob man die Fragen auf der richtigen Ebene beantwortet, und was überhaupt eine mögliche Antwort wäre. Am eindrüklichsten bleiben deshalb die Bilder, die, kommentarlos, die Frauen bei der Arbeit zeigen.
Musik, Malerei und Theater
Milica Paranosic, Sandra Vojcic und Danijela Popovic haben sich zur Musikgruppe "D’Divaz“ zusammengeschlossen. Aus ihrer Musikküche stammen explosive Stücke, in denen sich High Tech, Lust am Experimentieren und Folklore aus dem Balkan ein Rendez-vous geben. Der Krieg in Yugoslawien habe dazu beigetragen, dass sie auf die alten Melodien ihrer Heimat zurückgreifen, sagt eine von ihnen.
Die Malerin Vesna Golubovic hat ihren eigenen Ausdruck zwischen Graffiti und Ikonenmalerei gefunden, Staka zeigt sie bei der Arbeit an einem Freskengemälde mit abstrakt-religiösen Motiven. "Die Existenz von Wurzeln bemerkte ich erst, als ich sie verlor“, sagt sie. Auch den Zugang zur Religion hat sie auf Umwegen gefunden. Die Schauspielerin Mirjana Jokovic war als Hauptdarstellerin in Emir Kusturicas Film "Underground“ zu sehen; Staka zeigt sie auf der Bühne.
Frappierende Sätze
Dass der Film die Begegnung mit diesen Frauen ermöglicht, ist Grund genug, für seine Existenz dankbar zu sein. Ihre Ernsthaftikeit und Konzentration während der Arbeit ist beeindruckender als ihre Reflexionen über das Thema Heimat. Wenn die fünf über Ex-Yugoslawien sprechen, sind es oft einzelne Sätze, die sich im Kopf festsetzen, weil sie Aspekte beleuchten, die in den Medienberichten untergehen: „Für mich bedeutete Yugoslawien Wohlstand“, sagt zum Beispiel eine von ihnen. Und: „Wir waren eine gute Generation“. Oder: „Früher haben wir gehört, dass Kinder in Afrika hungern. Heute hungern meine Mutter und meine Grossmutter. Es hat uns eingeholt.“
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