Filmkritik
Eins mit der Natur
Edgar Hagen, eine Art filmender Philosoph, verfolgt in seinen Filmen immer wieder unkonventionelle Lebensentwürfe. In seinem bekanntesten Film, "Markus Jura Suisse - Der verlorene Sohn" (1996) zeigte er einen rebellischen Aussenseiter. In seinem neuesten Film, " Zeit der Titanen", erzählt er von der übermenschlichen Leistung der Mineure der Grande Dixence, von ihrem Kampf gegen die Naturgewalten und ihre Konfrontation mit der eigenen physischen und psychischen Grenze.
Zwischen 1950 und 1966 zogen tausende von Männern ins Walliser Hochgebirge. Sie errichteten eine Zivilisation auf Zeit: Barackendörfer an den Abgründen der Berghänge wie tibetische Klöster. Von hier aus sprengten sie ein 160 Kilometer langes Stollenlabyrinth unter dem Matterhorn und anderen imposanten Gipfeln in den Fels, durch welches das Wasser von 35 Gletschern der Grande Dixence, der höchsten Staumauer der Welt, zufliesst. Im Winter, wenn die Stollen hinter den gepanzerten Stahltoren nicht meterhoch mit Schmelzwasser überflutet sind, kehrt eine letzte Gruppe von Männern an diese magischen Orte zurück. Im Kampf mit den Naturgewalten hatten sie dem Berg das weitverzweigte unterirdische Flussbett unter extremen Arbeitsbedingungen abgerungen. Mineure und Intellektuelle wie der Schriftsteller Maurice Chappaz durchreisen nochmals diesen unendlichen dunklen Schlund und suchen die Orte, wo einst die überfüllten Barackendörfer standen, von denen heute nur noch Ruinenreste zeugen.
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