Kira Dänemark 2002

Filmkritik

Verrückte Liebe

Rona Grünenfelder
Filmkritik: Rona Grünenfelder

Nach dem Erfolg von "Italian for Beginners" kommt ein weiterer Dogma-Film aus Dänemark in die Schweizer Kinos. Dogma Nr. 7 ist anders als die vorhergehenden Dogma-Filme kein Ensemble-Film, sondern eine schmerzliche Nahaufnahme einer schwierigen Liebesbeziehung unter extremen Bedingungen.

Kira (Stine Stengade) ist schön und Mutter zweier Kinder. Nach einem längeren Aufenthalt in einer psychiatrischen Abteilung kehrt die junge Frau nach Hause zurück. Zurück zu ihrem Ehemann Mads (Lars Mikkelsen), zurück zu ihren beiden Söhnen und zurück in den Alltag einer bisher glücklichen gutbürgerlichen Familie. Kiras Heimkehr gestaltet sich jedoch alles andere als einfach. Kira hat Mühe, sich wieder einzuleben, und muss sich erst wieder an das familiäre Umfeld gewöhnen. Sie ist sichtlich überfordert und gerät immer wieder in peinliche Situationen, provoziert Skandale und verhält sich nicht mehr so, wie es in der Gesellschaft als normal empfunden wird. Sowohl Mads wie auch Kira leiden unter Kiras Krankheit, doch beide kämpfen um die Liebe und hoffen auf eine gemeinsame glückliche Zukunft. Angst, Unsicherheit, Wut, Trauer und Hoffnungslosigkeit begleiten jedoch ihr tägliches Bemühen um Liebe und Vertrauen. Kira will sich zwar wieder in die Familie eingliedern, hat aber ständig Angst, ihren Verstand zu verlieren und fürchtet sich vor einer erneuten Einweisung in die Psychiatrie. Mads ist zuversichtlich, stösst aber auch zunehmend an seine Grenzen. Ist eine Liebe unter diesen schwierigen Umständen überhaupt möglich? Ist die Kluft zwischen Mads normaler und Kiras verrückter Welt überbrückbar? Reicht es, die Idee von Normalität neu zu definieren, um Beziehung und Familie zu retten?

Während des ganzen Films fragt man sich, warum diese junge schöne Frau in der Psychiatrie war. Was war wohl Auslöser für Kiras psychische Krankheit? Erst gegen den Schluss erfährt man, was der Grund für Kiras Depression ist. Die eigentliche Krankheit ist jedoch zweitrangig. Der Regisseur hat absichtlich darauf verzichtet, medizinisch näher auf das Krankheitsbild der Hauptdarstellerin einzugehen. Vielmehr geht es Ole Christian Madsen um den harten Kampf für die gemeinsame Liebe in schwierigen Zeiten. Dogma Nr. 7 ist nicht nur ein Film über Kira, wie der Titel vermuten lässt, sondern beide Hauptdarsteller stehen gleichermassen im Mittelpunkt. Das Zusammenspiel der beiden Darsteller ist bemerkenswert, ebenso die sorgfältige Kameraführung von Jørgen Johansson ("Italian for Beginners"). Die Handkamera bleibt immer ganz nahe an den Personen und ist im Vergleich zu den vorhergehenden Dogma-Filmen eher ruhig.

"Kira" (Originaltitel: "En Kærlighedshistorie") hat an den 19. Dänischen Academy Awards (Roberts) fünf Auszeichnungen erhalten: für den besten Film, die beste Regiearbeit, das beste Drehbuch, den besten Schnitt und die beste Hauptdarstellerin. Stine Stengade, Frau des Filmemachers, spielt ihre Rolle in ihrem Kinodebüt sehr überzeugend. Ihr Gesichtsausdruck und ihre Rolle erinnern stellenweise an Emily Watson in Lars Van Triers "Breaking the Waves".

Dem Filmemacher Ole Christian Madsen ist in der Tat ein eindrückliches Werk gelungen. Sein Film zeigt sehr schön wie schwierig Liebe sein kann, humorvolle Elemente finden aber trotzdem auch ihren Platz. Er beinhaltet ein paar starke Szenen, weist aber auch gewisse Längen auf und reicht bei Weitem nicht an die Erfolge von "Italian for Beginners" oder "Idioterne" heran. Doch auch wenn "Kira" nicht so dicht ist wie die bisherigen Dogma-Filme, ist der Film definitiv sehenswert und gelungen. Und er ist - dank der starken schauspielerischen Leistung und der ästhetischen Kameraführung - nicht nur Dogma-Fans zu empfehlen.

09.09.2011

4

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Kommentare

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cineast2001

vor 21 Jahren

Ein "Muß"für jeden Dogma-Fan!!


cineast2001

vor 21 Jahren

Dieser Film ist einerseits sehr bedrückend und nerven aufreibend, andererseits auch sehr einfühlsam in seiner Darstellung.
Er hat mir, mehr oder weniger, gezeigt das unter dem Gütesiegel "Dogma-Film"auch weiterhin innovative und interessante Filme laufen können, nachdem man mir diese Art von Filmen nach "Italienisch für Anfänger" abspenstig gemacht hatte.Mehr anzeigen


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