Kukushka Russische Föderation 2002 – 100min.

Filmkritik

Reden, ohne sich zu verstehen

Filmkritik: Senta van de Weetering

Es wird viel geredet im Film des russischen Regisseurs Aleksandr Rogoshkin. Manchmal hört auch jemand zu. Verstanden hingegen wird nichts, denn die drei Protagonisten, die während des Zweiten Weltkriegs in der Einöde Lapplands zusammentreffen, sprechen je nur eine Sprache - jeder eine andere. Das Publikum kann sich dank der Untertitel bequem an den dreisprachigen Kommunikationsversuchen erfreuen.

"Du stinkst", sagt Anni (Anni-Christina Juuso) in der Sprache der finnischen Sami und wedelt den unangenehmen Duft mit der Hand beiseite. "Ja, es hat viele Mücken, sie haben mich fast aufgefressen", erwidert der Finne Viktor (Ville Haapasalo). Die Begegnung findet während des Zweiten Weltkriegs im Norden Finnlands statt, wo die junge Anni allein lebt, seit Soldaten vor vier Jahren ihren Mann abgeführt haben. Viktor, ein Finne in deutscher Uniform, ist von seiner Einheit aus unbekannten Gründen an einen Felsen gekettet zurückgelassen worden. Er hat zu Annis Hütte gefunden, nachdem er sich mühselig und trickreich befreit hat. Hier liegt allerdings bereits der russische Soldat Ivan (Viktor Bytchov), den die Sami bewusstlos gefunden und in die Hütte gebracht hat.

Inmitten der wilden Hügel Lapplands heilt die Wunde des Russen, doch seine Wut auf die deutsche Uniform und damit auf Viktor bleibt. Anni ist die Einsamkeit leid und behält die beiden Männer nicht ungern eine Weile bei sich, doch die beiden halten an ihrem Misstrauen gegen einander fest. Ohne gemeinsame Sprache ist es nicht möglich, die Gräben, welche die ideologische Indoktrination weit aufgerissen hat, zu schliessen. Die Friedensangebote des Finnen bleiben ungehört, und die Versuche, via gemeinsames Kulturgut, etwa russische Romane, zu kommunizieren scheitert daran, dass die finnische Sprache keine indoeuropäischen Wurzeln und daher mit der Russischen nichts gemeinsam hat. Ein Verstehen, auch nur der Spur nach, wird unmöglich.

Aleksandr Rohoshkins Konzept eines Films, in dem keine verbale Kommunikation gelingt, ist an sich schon verblüffend, noch mehr jedoch, dass er es konsequent bis zuletzt durchzieht. Daraus entstand ein höchst unterhaltender Film voller Wärme und Humor, bei dem man nicht so genau danach fragt, wie authentisch die samische Lebensweise dargestellt wird. Rogoshkin selber sagt dazu, er habe sich hauptsächlich auf seine Intuition zu verlassen, nachdem die Experten angefangen hätte, sich gegenseitig zu widersprechen. Für den Film zahlt sich das aus.

23.10.2023

4.5

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Kommentare

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irenekarin

vor 20 Jahren

Ehrlichgesagt mir hat er nicht besonders gefallen. Er war ziemlich langatmig und viele Dinge sind offen geblieben. Aber so hat halt jeder einen anderen Geschmack; -).


jchb

vor 20 Jahren

Wirklich angenehm, diesen Film zu geniessen, diese Bilder, diese Handlung und so gemütlich. Am Schluss für meinen Geschmack etwas zu kitschig, aber trotzdem wunderschön. Speziell schön ist auch der Klang dieser verschiedenen Sprachen.


eladi

vor 20 Jahren

Ich kann meinen beiden 'Vorschreiberinnen' nur zustimmen: eine seltene Perle, im Kinodschungel.
Für meinen Geschmack kommt er die ersten 20 Minuten etwas gar träge daher - danach entwickelt sich jedoch eine schöne Geschichte, die geschickt und unterhaltend versteht zwischen Komik und Tragik, sowie Banalität und Tiefgründigkeit zu wechseln. Vorallem die Situationskomik, welche in den letzten Jahren durch sehr viele, sehr schlechte Komödien überstrapaziert worden ist, erlebt eine erfrischende Wiederbelebung.
Ein Muss für all jene, welche auch bei einem vom Tempo her eher gemächlichen Film unterhalten werden können.Mehr anzeigen


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