Der Anschlag Deutschland, USA 2002 – 124min.

Filmkritik

Eskalation à la Tom Clancy

Benedikt Eppenberger
Filmkritik: Benedikt Eppenberger

Während Jahrzehnten konnte Autor Tom Clancy gut davon leben, den US-Geheimdienst als zuverlässige "last line of defence" zu bejubeln. Nach dem Attentat vom 11. September und dem chaotischen Krisenmanagement des CIA dürfte er damit in Zukunft Probleme bekommen.

Menschen aus Fleisch und Blut haben in den Büchern von Autor Tom Clancy und den Filmen seiner Vollstrecker John McTiernan ("The Hunt for Red October"), Phillipe Noyce ("Patriot Games" und "Clear And Present Danger") und jetzt Phil Alden Robinson ("The Sum of all Fears") nichts verloren. Was Clancy-Romane wie auch Clancy-Filme zusammenhält, ist allein die Faszination an der Technik sowie (angeblich) detaillierte Kenntnis von CIA-Planspielen. Die Clancy-Rechnung lautet: Je überzeugender die Präsentation technischer CIA-Interna - jenem "So-könnte-es-passieren" -, desto spannender.

Was andere Spionage-Thriller aufregend macht, die Darstellung von menschlichen Tragödien und Handlungen, welche neben dem "chain of command" vorbeilaufen, all das findet der technikvernarrte Autor nur hinderlich. Dialoge sind ihm ein Gräuel und werden darum auf Sentenzen im Befehlston reduziert: "Wir sind jetzt auf DEFCOM 2", "der Präsident will ALARMSTUFE GRÜN", "für den Job haben die NAVY-SEALS", "benachrichtigen sie PROSAC in Virginia", "Plan COUNTERSTRIKE ist unumgänglich", "befehlen Sie OPERATION VIAGRA", "geben Sie CODE ALPHA-CHARLIE ein", "verfahren Sie nach PROZEDERE 45/345-98" ... ja, der perfekte Clancy-Film wäre ein Film ganz ohne Menschen.

Eine, oder besser die Grundvoraussetzung aller Clancy-Filme ist: Die Bösen mögen noch so teuflisch sein - wir haben die besseren Waffen, die bessere Technik und die besseren Männer, sie zu bedienen. Immer ist hier ein Plan vorhanden, und funktioniert er nicht, kommt der nächste zur Anwendung. Beruhigende Botschaft aller Clancy-Filme: Man hat die Sache im Griff.

Wie alle Clancy-Kracher zuvor präsentiert auch "The Sum of all Fears" eine für die US-Regierung unangenehme Eskalation der Weltlage, vor deren Hintergrund das westliche Waffen- und High-Tech-Arsenal aufgefahren werden kann. Und weil wir die Fast-Explosion einer Atombombe in einer amerikanischen Grossstadt schon hatten ("The Peacemaker"), muss die Bombe diesmal wirklich explodieren. Es interessiert dann aber nicht das apokalyptische Ausmass der Verwüstung (gezündet haben die Bombe Euro-Neonazis, welche sich davon eine atomare Konfrontation zwischen den USA und Russland erhoffen), entscheidend zu wissen ist bloss: Hat der Präsident überlebt, und können er und sein Top-Mann Jack Ryan (Ben Affleck) die noch grössere Katastrophe verhindern?

So weit, so langweilig, und «The Sum of all fears» wäre wohl sang- und klanglos untergegangen, hätte nicht der Anschlag vom 11.September 2001 dem Film - welcher vor dem ominösen Datum produziert wurde - eine besondere Pointe verliehen. Wer bisher nämlich glaubte, dass sich Clancy in der CIA gut auskenne, die im Film präsentierten Gegenmassnahmen ALSO tatsächlich in etwa die realen Möglichkeiten eines Geheimdienstes widerspiegeln, dürfte nach dem 11. September und dem Totalversagen der CIA ernsthaft um den Schlaf gebracht worden sein.

Clancy hat mit der realen Terrorattacke die Kontrolle über seine Fiktion verloren. Es bleibt ihm der schwache Trost, dass der aktuelle US-Präsident mit seinen zombiemässigen Auftritten der Clancy-Ideal-Figur inzwischen beunruhigend nahe kommt. Vielleicht holt die Fiktion die Realität ja bald schon wieder ein.

07.06.2021

3

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Kommentare

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sniper8

vor 17 Jahren

micha ist kein russischer name.


sniper8

vor 17 Jahren

viel gibt's zum film nicht zu sagen. explosive action, wenig spannung. die handlung ist sehr komplex, äusserst politisch und auf krieg aus.
ben affleck ist zwar ganz passabel als agent, doch mit armageddon wo er auch weltretter spielte, war schon gut. zwar ist seine leistung hier nicht zu bemängeln, aber auch nicht nötig.
morgan freeman hingegen fand ich geldverschwendung, da hätten sie ihm ruhig eine grössere rolle geben können.
gegen schluss gibt's zwar spannung aber auch nicht all zu viel und die atombombendetonation wird viel zu verharmlost dargstellt. schade.Mehr anzeigen


mamama

vor 17 Jahren

Redest du russisch, micha ist ja ein russischer name, ich heisse " auf russisch" auch micha. russisch ist meine zweitsprache, deutsch meine muttersprache, ti goworisch paruski? Ich finde den film manchmal auch ein bisschen zu amerikanisch, aber ansonst ist es ein packender thriller.


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